Einmalprämienversicherung

Gesetzliche Grundlagen


§ 26 Abs. 1 lit. a StG
§ 274 StG
Art. 20 Abs. 1 lit. a DBG
Art. 205a DBG

 

Weitere Grundlagen

  • Kreisschreiben ESTV Nr. 24 1995/96 vom 30.06.1995: Kapitalversicherungen mit Einmalprämie
  • Rundschreiben ESTV vom 01.05.2007: Prüfungsverfahren zur Qualifikation von rückkaufsfähigen privaten Kapitalversicherungen (Säule 3b) gemäss Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 24 Buchstabe b des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer

 

Inhalt

1             Allgemeines, Begriffe

 22             Besteuerung

 32.1          Steuerbare Leistungen

 32.2          Ausnahme von der Besteuerung

 43             Secondhand-Policen

 44             Übergangsrecht

55             Direkte Bundessteuer

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1             Allgemeines, Begriffe

Eine Kapitalversicherung liegt vor, wenn der Versicherer beim Eintritt des versicherten Ereignisses gemäss Versicherungsvertrag die Leistung in Kapitalform auszurichten hat. Rückkaufsfähig ist sie, wenn sie mit einem Sparvorgang verbunden, also kapitalbildend ist, was voraussetzt, dass der Eintritt des versicherten Ereignisses gewiss ist. Das ist bei reinen Risikoversicherungen nicht der Fall.

Als Versicherung mit Einmalprämie gilt jene, bei der die Prämie bei Vertragsabschluss fällig und auf einmal entrichtet wird. Darunter können aber auch mehrfache Prämienzahlungen fallen, wenn eine Gesamtverpflichtung vorliegt und die Prämienzahlung nicht eindeutig periodisch und planmässig geregelt ist (KS ESTV 1995/96 Nr. 24 vom 30.06.1995, S. 4).

Ausführlicher dazu und zur Umschreibung weiterer Begriffe im Zusammenhang mit Lebensversicherungen: StB SO § 31 Nr. 1 und StB SO § 32 Nr. 2.

 

2             Besteuerung

Leistungen (Vermögensanfall) von rückkaufsfähigen privaten Kapitalversicherungen sind als Ausnahme vom Grundsatz des Reinvermögenszugangs einkommenssteuerfrei (§ 32 lit. b StG; siehe StB SO § 32 Nr. 2). Diese Bestimmung behält jedoch ausdrücklich § 26 Abs. 1 lit. a StG vor, der die Besteuerung von Erträgen rückkaufsfähiger Kapitalversicherungen mit Einmalprämie (kurz: Einmalprämienversicherungen) im Erlebensfall und beim Rückkauf vorsieht. Darunter fallen im Wesentlichen folgende Versicherungen.

  • Lebenslange Todesfallversicherung,
  • Erlebensfallversicherung mit Rückgewähr,
  • Gemischte Versicherung als Hauptanwendungsfall,
  • Terme-fixe-Versicherung (Versicherung auf festen Termin).

Im Todesfall hingegen gilt für Leistungen von Einmalprämienversicherungen die allgemeine Regel von § 32 lit. b StG; sie sind steuerfrei. Vorbehalten bleibt aber die Besteuerung mit der Nachlasstaxe und der Erbschaftssteuer.

In der Übersicht stellt sich die Besteuerung von rückkaufsfähigen Lebensversicherungen wie folgt dar (ohne Nachlasstaxe und Erbschaftssteuer):

Rückkaufsfähige
Lebensversicherung mit


Erlebensfall


Rückkauf


Todesfall

Periodischer Prämie

Steuerfrei
§ 32 lit. b StG

Steuerfrei
§ 32 lit. b StG

Steuerfrei
§ 32 lit. b StG

Einmalprämie, mit Vorsorgecharakter (Ziffer 2.2)

Steuerfrei
§ 26 Abs. 1 lit. a StG

Steuerfrei
§ 26 Abs. 1 lit. a StG

Steuerfrei
§ 32 lit. b StG

Einmalprämie, ohne Vorsorgecharakter

Steuerbar
§ 26 Abs. 1 lit. a StG

Steuerbar
§ 26 Abs. 1 lit. a StG

Steuerfrei
§ 32 lit. b StG

 

2.1         Steuerbare Leistungen

Steuerbar sind im Erlebensfall und beim Rückkauf die Erträge. Als Vermögensertrag erfasst wird die Differenz zwischen der ausbezahlten Versicherungsleistung (Erlebensfallkapital oder Rückkaufssumme inkl. Überschussanteile) und der vom Versicherungsnehmer einbezahlten Einmalprämie. Der gesamte Ertrag ist im Zeitpunkt seiner Realisierung ordentlich zusammen mit dem übrigen Einkommen zu versteuern, und zwar auch dann, wenn die Versicherung die Leistung in mehreren Raten auszahlt. Eine Besteuerung zum Rentensatz als Abfindung für eine wiederkehrende Leistung gemäss § 46 StG oder gar eine getrennte Besteuerung als Kapitalleistung aus Vorsorge nach § 47 StG ist ausgeschlossen.

2.2         Ausnahme von der Besteuerung

Im Sinne einer Gegenausnahme bleiben Leistungen von rückkaufsfähigen Kapitalversicherungen mit Einmalprämie auch im Erlebensfall und beim Rückkauf steuerfrei, wenn sie der Vorsorge dienen. Das trifft zu, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (§ 26 Abs. 1 lit. a StG):

  • der Versicherte hat bei der Auszahlung der Versicherungsleistung das 60. Altersjahr vollendet, d.h. die Auszahlung erfolgt frühestens am 60. Geburtstag;
  • das Vertragsverhältnis hat mindestens fünf Jahre gedauert und
  • ist vor Vollendung des 66. Altersjahres (vor dem 66. Geburtstag) begründet worden.

Mit dem Begriff der Vorsorge ist zudem die Selbstvorsorge, die Vorsorge um die eigene Person, gemeint. Eine Versicherung auf fremdes Leben läuft diesem Gedanken zuwider. Versicherungsnehmer und versicherte Person müssen deshalb identisch sein (Urteil BGer 2C_1175/2012 vom 29.07.2013 Erw. 4.2). Davon ausgenommen ist die Versicherung auf zwei Leben von Personen, die gemeinsam veranlagt werden, also von Ehegatten in ungetrennter Ehe oder von Personen in eingetragener Partnerschaft. In diesem Fall muss nur eine der versicherten Personen Versicherungsnehmer sein. Hingegen darf die Leistung erst nach dem vollendeten 60. Altersjahr beider Personen ausbezahlt werden, wenn sie steuerfrei bleiben soll (KS ESTV 1995/96 Nr. 24 vom 30.06.1995, S. 4).

Vorsorge bedeutet weiter, dass die Kapitalversicherung einen angemessenen Versicherungsschutz für den Erlebensfall und für den Fall des vorzeitigen Todes der versicherten Person garantieren muss, um die Einmalprämienversicherung von der Vermögensanlage abzugrenzen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, N 92 zu Art. 20 DBG). Das gilt insbesondere für index- und fondsgebundene Versicherungen, deren Risikoschutz von der ESTV geprüft wird (Rundschreiben ESTV vom 01.05.2007; Schweizerische Steuerkonferenz, Vorsorge und Steuern, Anwendungsfälle zur beruflichen Vorsorge und Selbstvorsorge, Register 7/5). Ausserdem müssen sie zur Verminderung des Anlagerisikos mindestens für eine Vertragsdauer von 10 Jahren abgeschlossen werden. Nur wenn diese zusätzlichen Anforderungen erfüllt sind, dienen index- und fondsgebundene Versicherungen der Vorsorge (siehe die jährlich nachgeführte Liste der ESTV der rückkaufsfähigen Kapitalversicherungen der Säule 3b, abrufbar unter den Rundschreiben der ESTV). Und nur dann sind die Erträge steuerfrei.

 

3             Secondhand-Policen

Auch in der Schweiz besteht in einem gewissen Umfang ein Markt für sogenannte Secondhand-Policen. Dabei handelt es sich um Lebensversicherungspolicen britischer oder amerikanischer Versicherungsnehmer, die diese aber nicht mehr benötigen (ausführlich dazu: Schweizerische Steuerkonferenz, Vorsorge und Steuern, Anwendungsfälle zur beruflichen Vorsorge und Selbstvorsorge, Register 7/2). In aller Regel geht es um eine Kapitalanlage und nicht um die Absicherung eines Risikos, jedenfalls nicht um die eigene Vorsorge, da die ursprünglich versicherte Person weiterhin versichert bleibt. Deshalb sind die Leistungen der Versicherer nach Abzug der für die Police getätigten Aufwendungen als steuerbares Einkommen (Ertrag aus beweglichem Vermögen) zu qualifizieren. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Anleger nur ein einmaliges Entgelt für den Erwerb der Police(n) entrichtet oder die periodischen Prämien weiter bezahlt.

Da der Rückkaufswert von britischen Lebensversicherungen meist sehr gering ist, stellt der Rückkauf bei der Versicherung ein schlechtes Geschäft dar. Im Unterschied zur Schweiz besteht jedoch die Möglichkeit, solche angesparten Policen zu handeln (Traded Endowment Policies, TEPs). Dieser Handel wird in aller Regel über "Market Makers" und Broker abgewickelt. Der Erwerber zahlt in Zukunft die Prämie und erhält im Todesfall des Versicherten bzw. am Ende der Laufzeit die Versicherungsleistung inkl. Schlussbonus. Aus Sicht des Käufers handelt es sich um eine Kapitalanlage und nicht um ein Versicherungsprodukt, vergleichbar mit einem Fondssparplan. Steuerlich liegt deshalb ein Anlagegeschäft vor, so dass die Differenz zwischen der Auszahlung und der Summe von Kaufpreis und den jährlich geleisteten Prämien steuerbares Einkommen darstellt (§ 26 Abs. 1 lit. a StG). Das gilt erst recht, wenn der schweizerische Steuerpflichtige in ein Portfolio von gebündelten Altpolicen investiert, die ein drittes Unternehmen anbietet (sog. Geared Investment Plan, GIP). TEPs können jedoch unter einschränkenden Voraussetzungen als private rückkaufsfähige Kapitalversicherung, deren Leistungen steuerfrei sind, anerkannt werden. Dazu siehe StB SO § 32 Nr. 2.

Bei den US-amerikanischen Secondhand-Policen handelt es sich in der Regel um lebenslängliche Todesfallversicherungen, die im Unterschied zur Schweiz jedoch nicht rückkaufsfähig sind. Je geringer die verbleibende Lebenserwartung ist, umso mehr steigt der Wert einer solchen Versicherung. Sie können gehandelt werden, sobald die restliche Lebenserwartung weniger als neun Jahre beträgt, wofür ein regulierter Markt durch spezialisierte Gesellschaften besteht. Der Investor bezahlt den aktuellen Wert der Versicherung (bzw. eines Anteils daran), verpflichtet sich zur Bezahlung der künftigen Prämien und der Abwicklungskosten der Handelsgesellschaft. Im Todesfall erhält er die Versicherungssumme ausbezahlt. Auch hier handelt es sich um ein Anlagegeschäft, so dass die Differenz zwischen Versicherungssumme und dem investierten Betrag als Vermögensertrag zu versteuern ist (§ 26 Abs. 1 lit. a StG).

 

4             Übergangsrecht

Die Bestimmung, welche die Besteuerung der Erträge von Einmalprämienversicherungen gesetzlich regelt, war ursprünglich nicht eindeutig abgefasst. Vor deren Inkrafttreten wurde die Besteuerung zudem «nur» mit Steuerumgehung begründet. Um die Unklarheiten auszuräumen, hat der Gesetzgeber die gesetzliche Regelung schon kurz nach dem Inkrafttreten präzisiert. Aus Rücksicht auf die in der Zwischenzeit abgeschlossenen langfristigen Versicherungsverträge hat er für diese Übergangsrecht erlassen, das die Besteuerung in dem Sinn regelt, wie die ursprünglichen Bestimmungen verstanden werden konnten.

Das Übergangsrecht (§ 274 StG) gilt für Versicherungsverträge, die vor dem 1. Januar 1999 abgeschlossen worden sind. Die Erträge dieser Versicherungen sind im Erlebensfall und beim Rückkauf steuerfrei, wenn bei der Auszahlung

  • das Vertragsverhältnis mindestens 10 Jahre gedauert oder
  • der Versicherte das 60. Altersjahr erreicht hat (was am Tag nach dem 59. Geburtstag gegeben ist).

Im Unterschied zur aktuell geltenden Regelung, bei der die Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen, genügt übergangsrechtlich für die Steuerfreiheit der Leistungen, wenn eine der beiden Bedingungen verwirklicht ist. Allerdings sind Erträge aus Einmalprämienversicherungen auch übergangsrechtlich nur steuerfrei, wenn die Versicherung der Selbstvorsorge dient, also wenn Versicherungsnehmer und versicherte Person identisch sind (Urteil BGer 2C_1175/2012 vom 29.07.2013 Erw.4.2, bei dem es sich um einen übergangsrechtlichen Fall handelte; vgl. auch Ziffer 2.2 oben).

 

5             Direkte Bundessteuer

Die heutigen Bestimmungen zur direkten Bundessteuer sind identisch mit der Regelung der Staatssteuer. Unterschiede weist hingegen das Übergangsrecht auf, das zwei verschiedene Lösungen kennt, die vom Abschlussdatum der Versicherung abhängig sind.

Versicherungsverträge, die vor dem 1. Januar 1994 abgeschlossen worden sind: Die Erträge sind im Erlebensfall und beim Rückkauf steuerfrei, sofern bei der Auszahlung

  • das Vertragsverhältnis mindestens fünf Jahre gedauert oder
  • der Versicherte das 60. Altersjahr vollendet hat (ab dem 60. Geburtstag).

Wenn eine der beiden Voraussetzungen erfüllt ist, sind die Leistungen steuerfrei.

Versicherungsverträge, die zwischen dem 1. Januar 1994 und dem 31. Dezember 1998 abgeschlossen worden sind: Die Erträge sind im Erlebensfall und beim Rückkauf steuerfrei, sofern bei der Auszahlung

  • das Vertragsverhältnis mindestens fünf Jahre gedauert und 
  • der Versicherte das 60. Altersjahr vollendet hat (ab dem 60. Geburtstag).

Die Leistungen sind nur steuerfrei, wenn beide Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind.

Gleich wie bei der Staatssteuer sind die Erträge auch übergangsrechtlich nur steuerfrei, wenn die Versicherung der Selbstvorsorge dient (Eigenversicherung; siehe Ziffer 3 am Ende).