Teilbesteuerung der Einkünfte aus qualifizierten Beteiligungen

 

Gesetzliche Grundlagen
§ 26 Abs. 1 lit. b StG
Art. 20 Abs. 1bis DBG

 

Weitere Grundlagen

  • Kreisschreiben ESTV Nr. 22 vom 16. Dezember 2008: Teilbesteuerung der Einkünfte aus Beteiligungen im Privatvermögen und Beschränkung des Schuldzinsenabzugs
  • Kreisschreiben ESTV Nr. 22a vom 31. Januar 2020: Teilbesteuerung der Einkünfte aus Beteiligungen im Privatvermögen und Beschränkung des Schuldzinsenabzugs
  • Kreisschreiben SSK Nr. 32 vom 01. Juli 2009: Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung und ihre Auswirkungen auf die interkantonale Steuerausscheidung

 

1             Grundsätzliches

Im System der wirtschaftlichen Doppelbelastung werden die ausgeschütteten Gewinne einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft steuerlich zweimal erfasst: Zunächst als ausgewiesener Unternehmensgewinn mit der Gewinnsteuer und anschliessend als Vermögenserträge mit der Einkommenssteuer.
Um diese wirtschaftliche Doppelbelastung zu entschärfen, entlastet der Kanton Solothurn qualifiziertes Dividendeneinkommen über die Bemessungsgrundlage mittels Teileinkünfte-
verfahren.
Die Teilbesteuerung von Erträgen aus in- und ausländischen Beteiligungen kommt bei einer Mindestbeteiligung von 10 % zur Anwendung. Bei Ehegatten, eingetragenen Partner und Partnerinnen sowie Kindern unter elterlicher Sorge, die zusammen veranlagt werden, werden die Beteiligungsrechte zusammengezählt. Liegt nach Addition eine Quote von mindestens
10 % vor, besteht der Anspruch auf Teilbesteuerung beider Beteiligungen:

  •  Werden die Beteiligungen im Privatvermögen gehalten, werden sie zu 70 %1 besteuert
    (§ 26 Abs. 1 lit. b StG).
  • Werden sie im Geschäftsvermögen einer natürlichen Person gehalten, werden sie zu
    70 %2 besteuert (§ 24bis Abs. 1 StG).

Beispiel

B., Hauptaktionär der X AG (Beteiligung über 10%), erhält im Jahre 2021 eine Dividende von CHF 40'000. Das Erwerbseinkommen beträgt CHF 160'000.
 

Lösung:

  Einkommen steuerbar
Erwerbseinkommen 160'000 160'000
Dividende aus Beteiligung 40'000 40'000
Total Einkünfte 200'000 200'000
Abzug für massgebliche Beteiligungen 0 -12'000
Einkommen 200'000 188'000

Detaillierte Angaben zu den Voraussetzungen der Teilbesteuerung von Einkünften aus qualifizierten Beteiligungsrechten finden sich im Kreisschreiben ESTV Nr. 22 vom
16. Dezember 2008.
Ab der Steuerperiode 2020 ist das Kreisschreiben ESTV Nr. 22a vom 31. Januar 2020 massgebend.

1       Bis und mit Steuerperiode 2020 galt ein Satz von 60 %.
2         Bis und mit Steuerperiode 2020 galt ein Satz von 50 %.

 

2             Offene und verdeckte Gewinnausschüttungen
 

Gewinnausschüttungen können offen oder verdeckt erfolgen. Offene Gewinnausschüttungen erfolgen aus dem Reingewinn bzw. dem gesamten zur Verfügung stehenden Gewinnsaldo (Gewinnvortrag, Bilanzgewinn) oder hieraus gebildeten (freien) Reserven einer Kapital-
gesellschaft oder Genossenschaft.
Solche Gewinnausschüttungen belasten die Erfolgsrechnung nicht. Von offenen Gewinnausschüttungen spricht man insbesondere bei der Ausrichtung von Dividenden, Tantiemen, Gewinnanteilen bei der GmbH sowie beim ausgerichteten Reingewinn einer Genossenschaft.
Verdeckte Gewinnausschüttungen hingegen werden in der Jahresrechnung nicht als Gewinn ausgewiesen. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegen verdeckte Gewinnausschüttungen dann vor, wenn eine juristische Person ihren Gesellschaftern oder Genossenschaftern oder diesen nahestehenden Personen ohne entsprechende Gegenleistung geldwerte Leistungen ausrichtet oder Vorteile einräumt, die insofern ungewöhnlich, mit einem sachgemässen Geschäftsgebaren nicht vereinbar sind, als sie unter denselben Um-
ständen einer Drittperson nicht oder nicht im gleichen Umfang gewährt worden wären (Drittvergleich). Mit andern Worten, die Leistungen der Gesellschaft stehen in einem Miss-
verhältnis zur Gegenleistung oder zur wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft. Die Beurtei-
lung als verdeckte Gewinnausschüttung setzt voraus, dass die begünstigte Person oder eine diesem nahestehende Person eine enge Beziehung insbesondere in Form einer Beteiligung am Unternehmen hat.
Von einer Gewinnvorwegnahme spricht man, wenn der Gewinn, der dem Unternehmen zusteht, nicht verbucht, sondern direkt an den Gesellschafter oder Gesellschafterin geleitet wird. Denkbar ist auch, dass die Gesellschaft von ihrem Beteiligten nicht das Entgelt fordert, das sie von einem Dritten beanspruchen würde.
Im Umfang der ungerechtfertigten Zuwendung liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Der geschäftsmässig nicht begründete Aufwand oder der Verzicht auf erzielbaren Ertrag wird zum ausgewiesenen Reingewinn hinzugerechnet. Ausserdem unterliegt die verdeckte Gewinnausschüttung beim Beteiligten oder der ihm nahestehenden Person der Einkommens-
besteuerung.

Beispiele verdeckter Gewinnausschüttungen

  • Bezahlung von Lebenshaltungskosten des Gesellschafters oder der Gesellschafterin (z.B. private Reisen, Kleider, Schmuck usw.);
     
  • Vergütung von Spesen, die (teilweise) privaten Charakter haben;
     
  • Bezahlung übersetzter Pauschalspesen, d.h. die Pauschale wird so festgesetzt, dass sie mehr als den Ersatz der tatsächlich anfallenden Auslagen abdeckt;
     
  • Die private Nutzung eines Geschäftsautos wird ohne (angemessene) Berücksichtigung eines Privatanteils oder gar ausschliesslich zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt;
     
  • Die Gesellschaft stellt eine Wohnung in der Betriebsliegenschaft unentgeltlich oder zu einem tiefen Mietzins zur Verfügung;
     
  • Der Gesellschafter oder die Gesellschafterin stellt der Unternehmung private Räumlichkeiten zur geschäftlichen Nutzung zur Verfügung und erhält dafür einen übersetzten Mietzins;
     
  • Die Gesellschaft kauft dem Aktionär Vermögenswerte (z.B. Auto, Liegenschaft usw.) zu einem übersetzten Preis ab;
     
  • Die Unternehmung verkauft dem Aktionär Vermögenswerte unter dem Verkehrswert;
     
  • Die Unternehmung gewährt dem Aktionär ein Darlehen, ohne dafür einen Zins zu verlangen;
     
  • Die Unternehmung gewährt dem Aktionär ein Darlehen und schreibt dieses später (z.B. wegen Uneinbringlichkeit) ab;
     
  • Die Gesellschaft bezahlt dem Aktionär übersetzte Zinsen für von ihm an die Gesellschaft gewährte Darlehen;
     
  • Zinsen auf verdecktem Eigenkapital;
     
  • Dem Aktionär wird ein höherer Lohn vergütet als einem nicht an der Unternehmung beteiligten Dritten zugestanden würde;
     
  • Geschäftsangestellte erbringen Arbeitsleistungen für private Zwecke des Aktionärs;
     
  • Unentgeltliche Übernahme von Bürgschaftsverpflichtungen zu Gunsten des Aktionärs.
     

Eine nachträgliche Umqualifikation steuerlich nicht anerkannter Leistungen (insbesondere von Spesenvergütungen) in Lohn, sollte dieser nicht voll ausgeschöpft worden sein, ist nicht zulässig. Aufgrund des Massgeblichkeitsprinzips muss sich die Gesellschaft bei ihrer ursprüng-
lichen Verbuchung behaften lassen. Bei qualifizierter Beteiligung unterliegen auch die ver-
deckten Gewinnausschüttungen der Teilbesteuerung.

 

 

3             Deklaration
Die Dividendenentlastung wird auf Antrag der steuerpflichtigen Person gewährt. Diese muss den Nachweis erbringen,dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Entlastung des deklarierten Beteiligungsertrags erfüllt sind.

Die qualifizierten Beteiligungen im Privatvermögen sind im Wertschriften- und Guthaben-
verzeichnis mit „B“ zu bezeichnen. Wird die Steuererklärung mit eTax erstellt, so werden die mit „B“ bezeichneten qualifizierten Beteiligungserträge automatisch über die Vorspalte der Ziff. 7 des Wertschriften- und Guthabenverzeichnisses entlastet.

Beteiligungen im Geschäftsvermögen sind mit „G“ zu bezeichnen. Die Deklaration der Erträge aus qualifizierten Beteiligungen im Geschäftsvermögen ist mit dem Formular „Qualifizierte Beteiligungen im Geschäftsvermögen“ vorzunehmen und es ist eine entsprechende Spartenrechnung einzureichen. Das erwähnte Formular kann auf der Webseite des Steueramtes Solothurn als PDF-Dokument heruntergeladen werden.

 

 

4             Direkte Bundessteuer

Die Regelung bei der direkten Bundessteuer ist ab der Steuerperiode 2021 identisch.