Stipendienleistungen

Gesetzliche Grundlagen

§ 32 StG          
§ 14 VV StG 1
Art. 24 DBG          

 

Weitere Grundlagen

Kreisschreiben ESTV Nr. 43 vom 26.02.2018: Steuerliche Behandlung von Preisen, Ehrengaben, Auszeichnungen, Stipendien sowie Förderbeiträgen im Kultur-, Sport- und Wissenschaftsbereich.

1          Ausgangslage
Sämtliche wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte unterliegen gestützt auf § 21 StG ohne Rücksicht auf ihre Quellen der Einkommenssteuer (Einkommensgeneralklausel).
Die steuerfreien Einkünfte sind abschliessend geregelt. Dazu gehören auch Unterstützungen aus öffentlichen oder privaten Mitteln. Bei Stipendien handelt es sich um einmalige oder wiederkehrende Geldleistungen der öffentlichen Hand oder von Privaten, die für die Aus- oder Weiterbildung ausgerichtet werden. Im Gegensatz zu Studiendarlehen oder Ausbildungskrediten besteht keine Rückzahlungsverpflichtung.

2          Abgrenzung
Bei Stipendien und Förderbeiträgen kann nur dann von einer steuerfreien Unterstützung aus öffentlichen oder privaten Mitteln ausgegangen werden, wenn die nachfolgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind, andernfalls handelt es sich um eine Leistung, die der Einkommenssteuer unterliegt:


1. Die empfangene Person ist bedürftig (Bedürftigkeit);
2. Die privat- oder öffentlich-rechtliche Institution leistet die Beiträge mit
    Unterstützungsabsicht (Unterstützung);
3. Die Leistung erfolgt unentgeltlich, d.h. die empfangene Person muss dafür keine
    Gegenleistung erbringen (Unentgeltlichkeit).


Ob eine empfangende Person bedürftig ist (Kriterium 1), hängt von ihrer finanziellen Situation ab. Nach der gesetzlichen Grundlage sind steuerfreie Unterstützungen Leistungen, die zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes gewährt werden. Das Vorliegen einer Bedürftigkeit ist folglich dann anzunehmen, wenn die Höhe des Einkommens unter dem nach den Art. 9 und 11 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2006 über die Ergän-zungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG; SR 831.30) berechneten Existenzminimum liegt (vgl. BGE 137 II 328 E. 5.2 und KS Nr. 43 Beispiel 1). Die Anwendung von § 32 lit. d StG soll auf diejenigen Fälle beschränkt werden, in denen eine Bedürftigkeit nachgewiesen ist (vgl. BGE 137 II 328 E. 5.2). Daraus folgt, dass Unterstützungsleistungen nur insoweit nicht steuerbar sind, als sie bloss den lebensnotwendigen Bedarf decken, während das darüber liegende Einkommen lückenlos steuerlich zu erfassen ist (vgl. BGE 137 II 328 E. 5.3 und KS Nr. 43 Variante des Beispiels 1).
Eine Unterstützung aus öffentlichen oder privaten Mitteln setzt eine Unterstützungsabsicht (Kriterium 2) voraus, wobei diese gegeben ist, wenn die private oder öffentliche Institution die Unterstützung ausrichtet, um einer bedürftigen Person dabei zu helfen, ihren (minimalen) Lebensunterhalt zu bestreiten.

Eine Leistung erfolgt dann unentgeltlich (Kriterium 3), wenn die empfangene Person dafür keine Gegenleistung erbringen muss. Der wirtschaftliche Wert sowie die Art der Gegenleistung sind dabei unerheblich (vgl. Urteil BGer 2C_904/2012 vom 12.02.2013 Erw. 4.2.6). Auch bei einer Studie oder einer Forschungsarbeit kann es sich fallweise um eine Gegenleistung handeln (vgl. Urteil BGer 2C_715/2007 vom 28.04.2008 Erw. 2.3.4 und Urteil BGer 2C_78/2014 vom 26.05.2014, Erw. 3.1). Eine Leistung, welche eine Art Entlöhnung im Nachhinein darstellt, ist nicht unentgeltlich (vgl. Urteil BGer 2C_715/2007 vom 28.04.2008, Erw. 2.3.4 und Urteil BGer 2C_78/2014 vom 26.05.2014, Erw. 3.1).

3             Steuerbare Leistungen

3.1          Stipendien Schweizerischer Nationalfonds (SNF)

Bei Stipendien des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) ist das Kriterium der Gegenleistung entscheidend. Das Bundesgericht sowie die ESTV qualifizieren eine regelmässige Berichterstattung über den Fortschritt der Forschungsarbeit als Gegenleistung (Urteil BGer 2C_715/2007, Erw. 2.3.3 f.; Urteil BGer 2C_74/2014, Erw. 3.2; vgl. auch KS Nr. 43 Beispiel 4). Auch wenn der SNF in seinen Reglementen klarstellt, «die Berichterstattungspflicht gegenüber dem SNF stelle in keinem Fall eine Gegenleistung im Sinne des Steuerrechts dar», ist nicht zu verkennen, dass tatsächlich eine Pflicht zur regelmässigen Berichterstattung über die erzielten Resultate gegeben ist. Dies steht einer Qualifikation dieser Leistungen als Leistungen ohne Gegenleistungen klarerweise entgegen, weshalb Stipendien des SNF steuerbares Einkommen darstellen. Im internationalen Verhältnis sind die Beiträge des SNF im Ansässigkeitsstaat steuerbar.

3.2          Weiteres
Ist eine Leistung steuerbar, so unterliegt der gesamte Betrag der Einkommenssteuer. Steuerbare Leistungen in Form von Geld sind zum Nominalwert zu besteuern. Leistungen in Form von Naturalgaben (z. B. Auto, Tiere etc.) sind nach ihrem Marktwert (Verkehrswert) zu bemessen. Von den Bruttoeinkünften können die üblichen Abzüge (insb. für Gewinnungskosten) vorgenommen werden.
Die Leistungen sind in dem Jahr zu versteuern, in dem sie der empfangenden Person zugeflossen sind. Sie gelten in dem Zeitpunkt als zugeflossen und erzielt, in dem die begünstigte Person einen festen Rechtsanspruch darauf erworben hat.

4           Direkte Bundessteuer
Die Regelung bei der Bundessteuer ist identisch.