Steuerberechnung: Steuersatz und Steuerfuss

 

 

Gesetzliche Grundlage

§ 58 StG

§ 32 VV StG

 

Inhalt

1             Steuersatz im Allgemeinen

2             Steuerfuss

3             Natur- und Heimatschutzfonds

4             Rentensatz

4.1          Voraussetzungen

4.1.1      Vorgerücktes Alter oder Invalidität

4.1.2      Anteil des Grundstücks am Vermögen

4.1.3      Verwendung zur Vorsorge

4.1.4      Häufigkeit

 

1             Steuersatz im Allgemeinen

Der nach den Vorschriften von §§ 53 – 57 StG ermittelte steuerbare Grundstückgewinn stellt die Berechnungs- oder Bemessungsgrundlage der Steuer dar. Um den Steuerbetrag zu berechnen, ist der Gewinn mit einer Masszahl, in der Regel ein Prozentsatz, zu multiplizieren. Diese Masszahl wird als Steuersatz bezeichnet. Dieser ergibt sich bei der Grundstückgewinnsteuer gemäss § 58 Abs. 1 StG aus dem ordentlichen Einkommenssteuertarif, der für Alleinstehende massgebend ist (§ 44 Abs. 1 StG). Danach beträgt der Steuersatz 0 % für Gewinne bis zu einem Betrag von CHF 10'000, weshalb sie folglich steuerfrei bleiben. Für Gewinne über CHF 310'000 beträgt der Steuersatz proportional 10.5 %; dazwischen steigt der Steuersatz progressiv an. Massgebend ist der Steuersatz, der sich für den Gewinn aus jeder Veräusserung ergibt (vgl. StB SO § 49 Nr. 1 und § 53 Nr. 1).

Beispiel: Bei einem steuerbaren Gewinn von CHF 40'000 beträgt die Steuer CHF 2'280.00, was einem Steuersatz von 5.7% entspricht. Beim doppelten Gewinn von CHF 80'000 beträgt die Steuer CHF 6'280.00, der Steuersatz 7.85%.

Dieser Betrag, der sich aus der Multiplikation des steuerbaren Gewinns mit dem Steuersatz ergibt, ist die ganze Steuer (§ 5 Abs. 1 StG), verbreitet und verständlicher jedoch als einfache (Staats-) Steuer bezeichnet.

 

2             Steuerfuss

Für die Berechnung der effektiv geschuldeten Steuer muss die einfache Steuer noch mit dem Steuerfuss multipliziert werden (§ 5 Abs. 2 StG). Dieser bildet das Mittel, mit dem die Budgetbehörde (Kantonsrat, Gemeindeversammlung oder Gemeindeparlament) den Steuerertrag relativ kurzfristig an den Finanzbedarf anpassen kann. Für die Grundstückgewinnsteuer ist der Gesamtsteuerfuss von Kanton und Gemeinde und – bei Angehörigen der Landeskirchen – der Kirchgemeinde massgebend (§ 58 Abs. 2 StG). Abgestellt wird auf den Steuerfuss der Einwohnergemeinde, auf deren Gebiet das veräusserte Grundstück liegt, und den Steuerfuss der Kirchgemeinde, welcher der Veräusserer nach § 249 StG angehört (§ 32 Abs. 2 VV StG). Hat der Steuerpflichtige Wohnsitz im Kanton, ist es demnach die Kirchgemeinde am Wohnsitz, andernfalls jene, in deren Gebiet sich das veräusserte Grundstück befindet. Da die Grundstückgewinnsteuer eine Staatssteuer ist, wird der gesamte Steuerbetrag auf die genannten Gemeinden entsprechend aufgeteilt (vgl. StB SO § 48 Nr. 1).

 

3             Natur- und Heimatschutzfonds

Gemäss § 128 PBG hat der Kanton einen Natur- und Heimatschutzfonds (NHF) zur Finanzierung von Massnahmen auf diesem Gebiet gebildet, der je zur Hälfte mit jährlichen Einlagen des Kantons und der Gesamtheit der Einwohnergemeinden aus dem Ertrag der Grundstückgewinnsteuer zu speisen ist. Damit erhalten die Einwohnergemeinden nicht ihren vollen Anteil an der Grundstückgewinnsteuer. Der Kantonsrat bestimmt den jeweiligen prozentualen Anteil der Grundstückgewinnsteuer nach den Bedürfnissen im Rahmen des jährlichen Budgets. Seit 2015 beläuft sich der Beitrag von Kanton und Einwohnergemeinden auf je 17.5 % der einfachen Staatssteuer (vorher 20 %).

Beispiel: Sepp Sauser, römisch-katholisch, wohnhaft in Bellach, verkaufte seine Liegenschaft in der Stadt Solothurn mit einem steuerbaren Gewinn nach Besitzesdauerabzug von CHF 113'913. Die gesamte Grundstückgewinnsteuer wird wie folgt berechnet und verteilt:

 

 

Steuerfuss

Steuer

davon NHF

Steuerbarer Grundstückgewinn

113‘913

 

 

 

Einfache Staatssteuer

10‘000

 

 

17.5%

Steuer Kanton

 

104%

10‘400

1‘750

Steuer EG Solothurn

 

112%

11‘200

1‘750

Steuer röm.-kath. KG Bellach

 

16%

1‘600

 

Total Grundstückgewinnsteuer

 

232%

23‘200

3‘500

In die allgemeine Staatskasse fliessen folglich CHF 8‘650 (10‘400 – 1‘750), in den zweckgebundenen Natur- und Heimatschutzfonds CHF 3‘500.00. Die Einwohnergemeinde So­lothurn erhält CHF 9‘450 (11‘200 – 1‘750).

4             Rentensatz

Unter den nachstehenden Voraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen, wird die Grundstückgewinnsteuer zum sog. Rentensatz berechnet. Das bedeutet, dass der ganze Gewinn (vor Besitzesdauerabzug) für die Bestimmung des Steuersatzes in eine lebenslängliche Rente umgerechnet wird. Diese Umrechnung erfolgt immer aufgrund der Rententabelle der Eidg. Steuerverwaltung (Anhang zu StB SO § 54 Nr. 1).

4.1         Voraussetzungen

4.1.1      Vorgerücktes Alter oder Invalidität

Das Grundstück wird wegen vorgerückten Alters oder Invalidität veräussert. Als vorgerücktes Alter gilt das vollendete 58. Altersjahr, als Invalidität die erhebliche Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit (§ 32 Abs. 4 und 5 VV StG).

4.1.2     Anteil des Grundstücks am Vermögen

Das veräusserte Grundstück muss mehr als einen Viertel des gesamten Vermögens des Steuerpflichtigen darstellen. Dabei ist das Vermögen – das veräusserte Grundstück eingeschlossen – zum Verkehrswert zu bewerten, wobei für dieses in der Regel der vereinbarte Kaufpreis als Verkehrswert anzunehmen ist. Massgebend ist das Reinvermögen nach Abzug der Schulden. Beim veräusserten Grundstück sind folglich die vor dem Verkauf darauf lastenden Hypothekarschulden abzuziehen. Wer im gleichen Jahr mehrere Grundstücke veräussert, kann deren Werte nicht zusammenzählen, da der Gewinn aus jeder Veräusserung gesondert ermittelt und besteuert wird (§ 49 Abs. 1 StG). Bei Verheirateten ist auf das Vermögen jedes Gatten abzustellen. Massgebend sind die Eigentumsverhältnisse, wobei gestützt auf Art. 200 ZGB Alleineigentum eines Ehegatten an den jeweiligen Vermögenswerten nachzuweisen ist, ansonsten je hälftiges Miteigentum angenommen wird (KSGE 2010 Nr. 12).

Beispiel: Christian Cueni, 70 Jahre alt, verkauft seine einzige Liegenschaft zum Preis von CHF 600'000. Die darauf lastenden Hypothekarschulden von CHF 350'000 übernimmt der Käufer in Anrechnung an den Kaufpreis. Die Liegenschaft war seit über 30 Jahren in seinem Besitz; die anrechenbaren und abziehbaren Anlagekosten und Aufwendungen betragen CHF 402'338. Sein übriges Vermögen beträgt CHF 400'000 und er hat keine weiteren Schulden. Seine Ehefrau Cornelia besitzt geerbte Liegenschaften im Wert von CHF 900'000, die nicht belehnt sind, und eine Beteiligung von 20% am Unternehmen, das ihr Vater seinerzeit gegründet hat, im Wert von CHF 500'000. Hat Christian Cueni Anspruch auf den Rentensatz und wie wird die Steuer berechnet?

Massgebend sind allein die Vermögenswerte von Christian Cueni, jene seiner Frau bleiben unbeachtlich. Der Anteil des veräusserten Grundstücks an seinem Vermögen berechnet sich wie folgt:

Verkehrswert Liegenschaft = Kaufpreis

 

 

600‘000

übriges Vermögen

 

 

400‘000

./. Schulden

 

 

‑ 350‘000

Reinvermögen Christian Cueni

 

 

650‘000

Nettowert Liegenschaft (600‘000 ‑ 350‘000)

 

 

250‘000

Nettowert Liegenschaft in % des Reinvermögens

 

 

38.5%

Erlös

 

 

600‘000

Anlagekosten

 

 

‑ 402‘338

Reingewinn

 

 

197‘662

Besitzesdauerabzug für 30 Jahre

50%

 

98‘831

Steuerbarer Gewinn

 

 

98‘831

Umrechnungsfaktor für Mann, 70 Jahre (Rententabelle)

60.71

 

Satzbestimmender Gewinn:
Reingewinn x 60.71 : 1000 = CHF 197‘662 x 60.71 / 1000


12‘000

 

Einfache Staatssteuer für Einkommen CHF 12‘000

 

100.00

 

Massgebender Steuersatz: 100.00 / 12‘000 x 100

 

0.83333%

 

Grundstückgewinnsteuer (einfache Staatssteuer):

 

 

Steuerbarer Gewinn x Steuersatz                                98‘831 x

0.83333%

823.60

Hat der Veräusserer Vermögenswerte nur in der Nutzniessung, so sind diese für die Berechnung des Verhältnisses zwischen dem veräusserten Grundstück und dem ganzen Vermögen ebenfalls zu berücksichtigen. Allerdings können sie nicht zum vollen Verkehrswert angerechnet werden, sondern nur zum Barwert der zukünftigen Nettoerträge.

Beispiel: Egon Eicher verkauft im Alter von 79 Jahren eine Liegenschaft zum Preis von CHF 800‘000, die bis zum Verkauf mit Hypotheken in der Höhe von CHF 450‘000 belehnt war. Daneben verfügt er über ein Wertschriftenvermögen von CHF 700‘000. Ausserdem ist er Nutzniesser einer andern Liegenschaft mit einem Verkehrswert von CHF 1‘200‘000, die ebenfalls mit CHF 450‘000 belehnt ist. Der jährliche Mietertrag beträgt CHF 60‘000. Kann er für den Grundstückgewinn den Rentensatz beanspruchen?

Verkehrswert Liegenschaft = Erlös

800‘000

 

 

Hypothek

‑ 450‘000

 

 

Nettowert der verkauften Liegenschaft

350‘000

350‘000

26.03%

Wertschriften

 

700‘000

52.06%

Liegenschaft in Nutzniessung, Verkehrswert

1‘200‘000

 

 

Hypothek

‑ 450‘000

 

 

Nettowert

750‘000

 

 

Mietertrag

60‘000

 

 

Hypothekarzinsen (4%)

‑ 18‘000

 

 

Unterhaltskosten (25% des Mietertrages)

‑ 15‘000

 

 

Nettoertrag

27‘000

 

 

Kapitalisierungsfaktor für Mann, 79 Jahre

91.66

 

 

Barwert des Nutzniessungsertrages: 27‘000 x 1‘000 /

91.66

294‘567

21.91%

Total Vermögen inkl. Barwert Nutzniessung

 

1‘344‘567

100.00%

Der Nettowert der verkauften Liegenschaft entspricht einem Anteil von 26.03% an sei­nem ganzen Vermögen, wenn die Liegenschaft in Nutzniessung mit ihrem kapitalisierten Ertrag berücksichtigt wird. Wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, ist der Gewinn zum Rentensatz zu besteuern. Würde die Liegenschaft mit ihrem Nettowert ein­gestellt, würde der Anteil der verkauften Liegenschaft bloss 19.44% betragen.

In gleicher Weise ist vorzugehen, wenn Vermögenswerte im Eigentum des Verkäufers mit einer Nutzniessung oder einem Wohnrecht belastet sind. Der Barwert des Ertrages ist vom Verkehrswert dieser Vermögenswerte abzuziehen.

Nimmt der Veräusserer eine Ersatzbeschaffung des Eigenheimes vor, bei der er einen Teil des Erlöses nicht reinvestiert, ist in diesem Umfang kein Steueraufschub möglich. Indessen kann der ganze Nettoerlös des veräusserten Eigenheimes als dessen Verkehrswert in die Vergleichsberechnung eingestellt werden, obwohl der Erlös im Umfang der Reinvestition bereits den Steueraufschub bewirkt (Urteil KSG SGSTA.2017.48 i.S. S. vom 20.11.2017).

Beispiel: Ferdi Furger verkauft sein Eigenheim für CHF 800‘000, das noch mit einer Hypothek von CHF 300‘000 belastet war, und erwirbt mit dem Erlös eine Eigentumswoh­nung für CHF 600‘000, die er wiederum selbst bewohnt. Sein übriges Vermögen beträgt CHF 1‘000‘000. Für den Gewinn, den er nicht reinvestiert, beantragt er Besteuerung zum Rentensatz.

Verkehrswert Liegenschaft = Erlös

800‘000

800‘000

 

Hypothek

‑ 300‘000

 

 

Nettowert der verkauften Liegenschaft

500‘000

 

 

Anlagekosten, Aufwendungen

 

‑ 500‘000

 

Reingewinn

 

300‘000

 

Kaufpreis Ersatzobjekt

600‘000

 

 

Steueraufschub auf Gewinn von

 

‑ 100‘000

 

Verfügbarer Erlös = steuerbarer Gewinn

 

200‘000

16.67%

Übriges Vermögen

 

1‘000‘000

83.33%

Total Vermögen

 

1‘200‘000

100.00%

Der frei verfügbare Erlös aus der Veräusserung des Eigenheimes beträgt bloss einen Sechstel des Reinvermögens, so dass der Rentensatz zu verweigern ist. Ohne Ersatzbeschaffung würde der Nettowert der verkauften Liegenschaft von CHF 500‘000 einem Drittel des ganzen Vermögens von CHF 1‘500‘000 entsprechen. In diesem Fall wäre der Rentensatz zu gewähren.

4.1.3     Verwendung zur Vorsorge

Der Erlös ist für die Altersvorsorge zu verwenden, d.h. er muss zur Bestreitung des Lebensunterhalts im Alter zur Verfügung stehen. Das ist nicht der Fall, wenn der Veräusserer keinen Anspruch auf Bezahlung des Kaufpreises hat.

Beispiel: Zita Zysset verkauft ihrer Tochter eine Liegenschaft zum Preis von CHF 600‘000 (= Verkehrswert). Der Kaufpreis wird getilgt durch Schuldübernahme in der Höhe von CHF 200‘000. Die Kaufpreisrestanz von CHF 400‘000 tritt Zita Zysset zu je einem Viertel (je CHF 100‘000) an ihre drei andern Kinder ab, wobei die Beträge erst bei ihrem Tod fällig werden, den letzten Viertel stundet sie der Käuferin bis zum Tod.

Der Rentensatz ist ausgeschlossen, da Zita Zysset keinen Anspruch auf Auszahlung der Kaufpreisrestanz hat, auch nicht in Form eines bei Bedarf rückzahlbaren Darlehens. Sie hat keine Möglichkeit, damit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Nicht notwendig ist hingegen, den Erlös in eine Leibrentenversicherung oder in ein ähnliches Versicherungsprodukt zu investieren. Es genügt, wenn die Mittel in flüssiger Form verfügbar bleiben. Ausgeschlossen ist deshalb die Rentensatzbesteuerung, wenn der Steuerpflichtige den Erlös verschenkt (Urteil KSG ST/99000050 vom 21.06.1999 i.S. H.) oder ihn in gleiche oder ähnliche Objekte, insbesondere Liegenschaften, umschichtet, die er wiederum zuerst veräussern muss, um den Lebensunterhalt zu finanzieren (Urteil KSG St 1987/120G vom 22.10.1990 i.S. A.). Verschenkt er nur einen Teil und stellt der verbleibende Erlös immer noch mehr als einen Viertel des gesamten Vermögens dar, wird der Rentensatz auf diesem Anteil gewährt (Urteil KSG St 1987/45G vom 19.10.1989 i.S. J.). Wird die Schenkung nachträglich festgestellt, was mindestens während fünf Jahren überprüft wird, erfolgt eine Nachbesteuerung zum ordentlichen Steuersatz. Als Altersvorsorge wurden auch anerkannt die Tilgung von Schulden, um so den jährlichen Schuldendienst zu reduzieren, oder die Verwendung des Erlöses für den altersgerechten Umbau der eigenen Wohnung (Urteil KSG St 1990/13G vom 13.01.1992 i.S. A.; Urteil KSG ST/00000102 vom 02.04.2001 i.S. B.).

4.1.4     Häufigkeit

Die Besteuerung zum Rentensatz kann nur einmal in 10 Jahren beansprucht werden. Liegt die letzte Veräusserung, deren Gewinn zum Rentensatz besteuert wurde, weniger als 10 Jahre zurück, wird der neuerliche Gewinn ordentlich besteuert.

4.2         Verkauf durch Mit- oder Gesamteigentümer

Wenn von mehreren Steuerpflichtigen nur einer oder einige die Voraussetzungen erfüllen, kann nur dieser Teil den Rentensatz beanspruchen

Beispiel: Ein Ehepaar verkauft eine gemeinsame Liegenschaft. Der Mann ist 60 Jahre alt, die Frau 56. Der Mann kann zum Rentensatz besteuert werden, die Frau nicht.