Anlagekosten, Erwerbspreis

Gesetzliche Grundlagen
§ 55 StG

Inhalt

1             Begriff der Anlagekosten
2             Erwerbspreis
2.1          Definition, massgebender Zeitpunkt
2.2          Verkehrswert als Ersatzwert für den Erwerbspreis
2.2.1      Allgemein
2.2.2      Verkehrswert vor 30 Jahren
2.3          Überführung aus dem Geschäftsvermögen
2.4          Wirtschaftliche Handänderung
Anhang:      Baukosten-Index der Solothurnischen Gebäudeversicherung (SGV-Index)

 

1             Begriff der Anlagekosten

Um den Grundstückgewinn zu ermitteln, sind vom Erlös die Anlagekosten abzuziehen (§ 53 Abs. 1 StG). Diese setzen sich zusammen aus

  • dem Erwerbspreis des Grundstücks (§ 55 StG),
  • den Aufwendungen, die zur Wertsteigerung des Grundstücks beigetragen haben (§ 56 Abs. 1 lit. a und b StG),
  • den Kosten und Abgaben, die im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Veräusserung des Grundstücks aufgewendet wurden (§ 56 Abs. 1 lit. c StG).

 

2              Erwerbspreis

2.1          Definition, massgebender Zeitpunkt


Der Erwerbspreis ist in § 55 Abs. 1 StG grundsätzlich gleich definiert wie der Erlös in § 54 Abs. 1 StG. Es kann damit auf die Ausführungen in StB SO § 54 Nr. 1 verwiesen werden. Insbesondere gelten auch Nutzniessungs- und Wohnrechte, die der Steuerpflichtige beim seinerzeitigen Erwerb zu Gunsten des damaligen Veräusserers eingeräumt hat, nicht als Anlagekosten. Das gilt auch für den Fall, dass der Verkäufer diese Belastungen zu einem späteren Zeitpunkt gegen Entgelt abgelöst hat. Diese Entschädigung ist nicht Bestandteil der Anlagekosten.

Hingegen zählen Renten, die für den Erwerb der Liegenschaft bezahlt wurden, zum Erwerbspreis. Sie sind auch hier zum Barwert anzurechnen (siehe StB SO § 54 Nr. 1), ungeachtet ob der Steuerpflichtige sie länger oder weniger lang hat leisten müssen, als nach der statistischen Lebenserwartung anzunehmen war. Für die Ermittlung der Anlagekosten und damit auch des Erwerbspreises ist auf die letzte steuerbegründende Veräusserung abzustellen (ausführlich dazu StB SO § 53 Nr. 1). Darum ist z.B. der Anrechnungspreis, den ein Erbe im Rahmen der Erbteilung seinen Miterben bezahlt hat, nicht massgebend, sondern es ist auf den Kaufpreis zurückzugreifen, den der Erblasser früher entrichtet hat (Urteil BGer 2C_147/2008 vom 29.07.2008).

Beim Erlös kann der Steuerpflichtige mit allen zulässigen Beweismitteln nachweisen, dass er vom beurkundeten Kaufpreis abweicht. Im Unterschied dazu wird ein höherer Kaufpreis, als beim seinerzeitigen Kauf beurkundet, nur anerkannt, wenn die nach dem damaligen Recht geschuldeten Steuern auf dem Grundstückgewinn aufgrund dieses höheren Preises veranlagt worden sind (§ 55 Abs. 2 StG). Diese Bestimmung will auf der einen Seite verhindern, dass der Steuerpflichtige beim Erwerb geleistete, nicht besteuerte Schwarzgeldzahlungen (nach Verjährung der strafbaren Handlung) steuermindernd geltend machen kann. Auf der andern Seite ist es ausgeschlossen, den Pfandausfall, den der Verkäufer seinerzeit beim Erwerb im Rahmen eines Zwangsverwertungsverfahrens erlitten hat, als Erwerbspreis zu berücksichtigen. Denn der Zuschlagspreis gilt auch in diesen Fällen als massgebender Erlös und Erwerbspreis (Urteil BGer 2C_589/2014 vom 27.03.2015 = StE 2015 B 44.13.7 Nr. 27).

Beispiel: Willy Winter hatte seinerzeit Victor Vieli ein Darlehen in der Höhe von CHF 500‘000 gewährt. Als Sicherheit hatte er einen Schuldbrief in gleicher Höhe im dritten Rang mit einem Pfandvorgang von CHF 2‘000‘000 erhalten. Vieli wurde von einem der vorgehenden Pfandgläubiger auf Pfandverwertung betrieben. Um seinen Verlust zu limitieren, ersteigerte Winter 2012 in der Zwangsverwertung die Liegenschaft zu einem Preis von CHF 2‘100‘000. Im Ergebnis erlitt er dadurch einen Pfandausfall von CHF 400‘000. Im Jahr 2017 konnte Winter die Liegenschaft für CHF 2‘800‘000 verkaufen. Diesem Erlös ist bei der Gewinnermittlung der seinerzeitige Zuschlagspreis von CHF 2‘100‘000 als Erwerbspreis gegenüberzustellen.



2.2.             Verkehrswert als Ersatzwert für den Erwerbspreis

2.2.1           Allgemein

Ist der Erwerbspreis nicht feststellbar, so gilt als solcher der Verkehrswert im Zeitpunkt der letzten steuerbegründenden Veräusserung (§ 55 Abs. 3 StG). Da der Kaufpreis in Kaufverträgen öffentlich beurkundet werden muss, gelangt diese Bestimmung u.a. zur Anwendung, wenn der Steuerpflichtige das Grundstück durch Tauschgeschäft erworben hat. Von Bedeutung sind auch Fälle, in denen das Grundstück während der massgeblichen Besitzesdauer erhebliche Veränderungen erfahren hat, indem wiederholt Flächen abparzelliert und wieder zugeschlagen sowie Dienstbarkeiten begründet worden sind. Der Verkehrswert ist in diesen Fällen nach der gleichen Methode zu schätzen wie jener vor 30 Jahren.


2.2.2        Verkehrswert vor 30 Jahren

Als Erwerbspreis gilt der Verkehrswert auch dann, wenn der massgebende Erwerb, d.h. die letzte steuerbegründende Veräusserung, mehr als 30 Jahre zurückliegt (§ 55 Abs. 4 StG). Dann ist der Verkehrswert vor 30 Jahren massgebend. Im Ergebnis gelangt damit nur der Mehrwert des Grundstücks in den letzten 30 Jahren zur Besteuerung; die frühere Wertsteigerung bleibt steuerlich unbeachtlich. In beiden Fällen, wenn kein Erwerbspreis feststellbar ist und beim Erwerb vor mehr als 30 Jahren, muss der Verkehrswert geschätzt werden. Wenn man bedenkt, dass auch aktuelle Bewertungen von Grundstücken oft eine grosse Spannweite aufweisen, kann von einer Schätzung des Verkehrswertes vor 30 Jahren keine hohe Genauigkeit erwartet werden. Den Steuerpflichtigen bleibt aber immer die Möglichkeit offen, einen höheren Erwerbspreis nachzuweisen.

Beispiel: Die Schätzung des Verkehrswertes vor 30 Jahren lautet auf CHF 300'000. Die Steuerpflichtigen weisen mit Kaufvertrag und Bauabrechnung nach, dass sie die Bauparzelle vor 36 Jahren zum Preis von CHF 80'000 erworben und dass die Baukosten im darauffolgenden Jahr CHF 255'000 betragen haben. Die Summe von CHF 335'000 ist als Erwerbspreis anzuerkennen.

Wenn keine Schätzung des Verkehrswertes aus der Zeit vor 30 Jahren (z.B. in einem Erbschaftsinventar) vorliegt, ist er gemäss Rechtsprechung schematisch wie folgt zu ermitteln:



 

Gebäudeneuwert vor 30 Jahren (gemäss Solothurnischer Gebäudeversicherung; SGV-Index, siehe Anhang)

Zuschlag für Baunebenkosten von 15% ‑ 25% des Gebäudeneuwertes (15% für Stockwerkeinheiten und Mehrfamilienhäuser, 25% für Einfamilienhäuser)

Total Neubaukosten

0.5% Altersentwertung pro Jahr von den Neubaukosten (bei nachgewiesenermassen schlecht unterhaltenen Gebäuden kann die Altersentwertung bis auf 1% pro Jahr erhöht werden)

Landwert vor 30 Jahren aufgrund von Preisvergleichen (statistische Methode)

Verkehrswert vor 30 Jahren

 

Beispiel: Robert Rauber verkauft im Jahr 2017 das Einfamilienhaus, das seine Eltern 1955 erbaut haben. Aufgrund der Abklärungen bei der Amtschreiberei wurde Bauland in jener Gemeinde im Jahr 1987 zu Preisen von etwa CHF 80/m2 gehandelt. Die Versi­cherungssumme bei der Gebäudeversicherung betrug im Jahr 1987 CHF 48'200 (100%, Index Basis 1939), der SGV-Index (Anhang) 700%. Der Verkehrswert vor 30 Jahren wird wie folgt ermittelt:

Landwert

850

m2 à CHF

80.00

 

 

68'000

Gebäude

 

 

 

 

 

 

Versicherungssumme

 

SGV 100%

48'200

 

 

 

SGV-Index

1987

 

700%

 

 

 

Versicherungsneuwert

 

700% von

 48‘200

337‘400

 

 

Baunebenkosten

25%

des Neuwertes

 

84‘350

 

 

Gebäudeneuwert

 

 

 

421‘750

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Baujahr

1955

 

 

 

 

 

Gebäudealter

1987

32

Jahre

 

 

 

Altersentwertung

 

0.50%

pro Jahr

‑ 67‘840

 

 

Gebäudezeitwert

 

 

 

354‘270

 

354‘270

Verkehrswert vor 30 Jahren (gerundet)

 

 

 

422‘200

 

2.3              Überführung aus dem Geschäftsvermögen

Wurde das Grundstück vom Geschäftsvermögen in das Privatvermögen überführt, hatte dies bei der Einkommenssteuer eine Besteuerung des Liquidationsgewinns zur Folge (§ 24 Abs. 1 StG; StB SO § 48 Nr. 3). Dann gilt die Überführung als letzte steuerbegründende Veräusserung, so dass der Wert, der Grundlage für die Liquidationsgewinnsteuer bildete, als Erwerbspreis zu verwenden ist (§ 55 Abs. 5 StG). Vor 2011 entsprach dieser Wert in der Regel den Anlagekosten, da nur die wieder eingebrachten Abschreibungen als Liquidationsgewinn besteuert wurden. Seit 2011 ist grundsätzlich die Differenz zwischen Verkehrswert und Buchwert als Liquidationsgewinn zu besteuern (§ 24 Abs. 2 StG). Der Steuerpflichtige kann jedoch beantragen, nur die bisher zugelassenen Abschreibungen und Rückstellungen als Liquidationsgewinn zu versteuern. In diesem Fall unterliegt dann aber der Gewinn aus der späteren Veräusserung der Einkommenssteuer (§ 24 Abs. 3 lit. b StG). Fand die Überführung in das Privatvermögen vor über 30 Jahren statt, bestimmt sich der Erwerbspreis ebenfalls nach dem Verkehrswert vor 30 Jahren.

2.4                 Wirtschaftliche Handänderung

Bei der Veräusserung von Mehrheitsbeteiligungen an Immobiliengesellschaften ist der Erwerbspreis grundsätzlich gleich zu ermitteln wie der Erlös, sofern die Gesellschaft beim Erwerb der Mehrheitsbeteiligung bereits Eigentümerin des Grundstücks war (siehe StB SO § 54 Nr. 1). Hat die Gesellschaft das Grundstück erst gekauft, nachdem der Gesellschafter die Mehrheitsbeteiligung erworben hatte, ist dieser Kaufpreis massgebend. Wenn der Gesellschafter die Mehrheitsbeteiligung vor mehr als 30 Jahren erworben hat und das Grundstück ebenfalls mindestens 30 Jahre im Eigentum der Gesellschaft war, ist auch hier der Verkehrswert vor 30 Jahren massgebend. Hat die veräusserte Immobiliengesellschaft während der massgebenden Besitzesdauer wertvermehrenden Aufwendungen getätigt, sind diese ebenfalls als Anlagekosten zu berücksichtigen.

 

Beispiel: Armin Amrein hat vor 25 Jahren sämtliche Aktien der Alpha AG, damals schon Eigentümerin einer Liegenschaft in Aeschi, zum Preis von CHF 600'000 gekauft. Damalige Bilanz (in TCHF):

 

Aktiven

Passiven

 

 

Flüssige Mittel, Debitoren

50

100

Kreditoren

 

Wertschriften (Kurswert = 100)

100

800

Hypothek

 

Liegenschaft Aeschi

950

200

Aktienkapital

 

 

1‘100

1‘100

 

 

Die Alpha AG hat vor 10 Jahren die Liegenschaft umgebaut und saniert. Die wertvermehrenden Aufwendungen von CHF 500'000 wurden aktiviert und seither teilweise wieder abgeschrieben. Nun verkauft Amrein als Alleinaktionär sämtliche Aktien zum Preis von CHF 1‘800‘000. Verkaufsbasis bildet die nachstehende Bilanz (in TCHF):

 

Aktiven

Passiven

 

 

Flüssige Mittel, Debitoren

250

200

Kreditoren

 

Wertschriften (Kurswert = 500)

300

1‘000

Hypothek

 

Liegenschaft Aeschi

1‘250

400

Reserven

 

 

 

200

Aktienkapital

 

 

1‘800

1‘800

 

 

Der Erlös für die Liegenschaft in Aeschi berechnet sich wie folgt:

Verkaufspreis Aktien

 

 

1'800‘000

 

+ übernommene Schulden

 

 

1'200‘000

 

– nicht-liegenschaftliche Aktiven (Verkehrswert)

 

– 750‘000

 

Erlös Liegenschaft

 

 

2'250‘000

 

Erwerbspreis

 

 

 

 

Kaufpreis Aktien

 

 

600‘000

 

+ übernommene Schulden

 

 

900‘000

 

– nicht-liegenschaftliche Aktiven (Verkehrswert)

 

– 150‘000

 

Erwerbspreis Liegenschaft

 

 

1‘350‘000

 

 

 

 

 

 

Grundstückgewinn

 

 

 

 

Erlös

 

 

2'250‘000

 

– Erwerbspreis vor 25 Jahren

 

 

– 1'350‘000

 

– Wertvermehrende Aufwendungen vor 10 Jahren *)

– 500‘000

 

Reingewinn

 

 

400‘000

 

Besitzesdauerabzug, 25 Jahre, 40 %

 

 

– 160‘000

 

Steuerbarer Grundstückgewinn

 

 

240‘000

 

*) Die wertvermehrenden Aufwendungen sind zu berücksichtigen, ungeachtet in welchem Umfang die Gesellschaft sie aktiviert und wieder abgeschrieben hat.


Anhang: Baukosten-Index der Solothurnischen Gebäudeversicherung (SGV-Index)

Jahr

 

Basis 1939

 

Basis 1988

Jahr

 

Basis 1939

 

Basis 1988

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1970

 

350%

 

 

2000

 

847%

 

113%

1971

 

400%

 

 

2001

 

877%

 

117%

1972

 

450%

 

 

2002

 

900%

 

120%

1973

 

500%

 

 

2003

 

900%

 

120%

1974

 

540%

 

 

2004

 

900%

 

120%

1975

 

540%

 

 

2005

 

900%

 

120%

1976

 

520%

 

 

2006

 

900%

 

120%

1977

 

510%

 

 

2007

 

938%

 

125%

1978

 

510%

 

 

2008

 

975%

 

130%

1979

 

520%

 

 

2009

 

975%

 

130%

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1980

 

550%

 

 

2010

 

1012%

 

135%

1981

 

600%

 

 

2011

 

1012%

 

135%

1982

 

650%

 

 

2012

 

1012%

 

135%

1983

 

670%

 

 

2013

 

1050%

 

140%

1984

 

670%

 

 

2014

 

1050%

 

140%

1985

 

670%

 

 

2015

 

1050%

 

140%

1986

 

670%

 

 

2016

 

1050%

 

140%

1987

 

700%

 

 

2017

 

1050%

 

140%

1988

 

700%

 

 

 

 

 

 

 

1989

 

750%

 

100%

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1990

 

800%

 

107%

 

 

 

 

 

1991

 

870%

 

116%

 

 

 

 

 

1992

 

900%

 

120%

 

 

 

 

 

1993

 

900%

 

120%

 

 

 

 

 

1994

 

870%

 

116%

 

 

 

 

 

1995

 

870%

 

116%

 

 

 

 

 

1996

 

870%

 

116%

 

 

 

 

 

1997

 

847%

 

116%

 

 

 

 

 

1998

 

847%

 

113%

 

 

 

 

 

1999

 

847%

 

113%

 

 

 

 

 

 


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