Steuerberechnung: Besitzesdauerabzug

 

Gesetzliche Grundlagen

§ 57 StG
§ 31 VV StG

Inhalt

1             Steuerberechnung im Allgemeinen

2             Besitzesdauerabzug

2.1          Zweck

2.2          Umfang

2.3          Beginn und Ende

 

1             Steuerberechnung im Allgemeinen

Die Differenz zwischen dem Erlös und den (tieferen) Anlagekosten, ist der Grundstückgewinn, oft auch als Reingewinn bezeichnet. Wenn bei Ersatzbeschaffungen nicht der ganze Erlös reinvestiert wird, erfolgt in diesem Umfang kein Steueraufschub. In diesen Fällen ist, um den zu versteuernden Gewinn zu ermitteln, dieser Reingewinn um jenen Teil zu kürzen, der in das Ersatzobjekt fliesst. Die Details dazu mit Berechnungsbeispielen finden sich in StB SO § 53 Nr. 1.

Für die Steuerberechnung ist der auf diese Weise ermittelte Grundstück- oder Reingewinn um den Besitzesdauerabzug zu kürzen, was dann zum steuerbaren Gewinn führt. Trotz dieser Bezeichnung gilt nicht bloss der steuerbare, sondern der gesamte, gemäss den §§ 53 – 56 StG ermittelte Grundstückgewinn als besteuert. Denn der Besitzesdauerabzug ist  – wie sich aus der systematischen Stellung im Gesetz ergibt – ein Bestandteil der Steuerberechnung und hat damit tarifliche Funktion. Das zeigt auch die Regelung in einigen anderen Kantonen, in denen der Besitzesdauerabzug nicht vom Grundstückgewinn sondern vom Steuerbetrag erfolgt.

 

2             Besitzesdauerabzug

Für die Ermittlung des steuerbaren Gewinns wird der Gewinn nach einer Besitzesdauer von fünf Jahren um je 2% für jedes weitere Jahr reduziert, höchstens um 50% nach einer Besitzesdauer von 30 Jahren (§ 57 Abs. 1 StG).

2.1         Zweck

Hauptgrund für diese Entlastung ist die gesetzgeberische Absicht, Wertsteigerungen, die auf langjähriges Halten von Grundeigentum zurückzuführen sind, milder zu besteuern als kurzfristig erzielte, unverdiente (Spekulations-) Gewinne. Ausserdem ist es eine mögliche Methode zur (schematischen) Berücksichtigung der Teuerung, d.h. rein inflationsbedingte Nominalwertsteigerungen von der Steuer auszunehmen.

Keinen Anspruch auf den Besitzesdauerabzug haben Anstalten und Stiftungen von öffentlichen Gemeinwesen mit wirtschaftlicher Zwecksetzung, die gemäss § 48 Abs. 1 lit. c und d StG der Grundstückgewinnsteuer unterliegen (§ 57 Abs. 2 StG; vgl. StB SO § 48 Nr. 2). In diesen Fällen erzielen nämlich die Steuerpflichtigen die Grundstückgewinne im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit, deren Ergebnis in der Regel auch ungekürzt der Gewinnsteuer unterliegt.

2.2         Umfang

Der Besitzesdauerabzug wird nur für volle Jahre (d.h. für ganze 365 bzw. 366 Tage) gewährt. Damit erfolgt bei einem Grundstück, das am 1. September 2011 gekauft und am 31. August 2017 wieder verkauft wurde, kein Abzug. Erst nach einer Besitzesdauer von ganzen sechs Jahren, also bei einem Verkauf am 1. September 2017, wird der Gewinn um 2% reduziert, bei einem Verkauf ab dem 1. September 2018 um 4%, usw. Mit dem Abzug kann der steuerbare Gewinn nach einer Besitzesdauer von 30 Jahren höchstens um 50% reduziert werden. Das ist naheliegend, wird doch nur der in den letzten 30 Jahren entstandene Mehrwert mit der Grundstückgewinnsteuer erfasst (vgl. StB SO § 55 Nr. 1).

2.3         Beginn und Ende

Die Besitzesdauer beginnt und endet mit dem Abschluss des Kauf- oder Tauschvertrages, d.h. mit dem Datum der öffentlichen Beurkundung (§ 57 Abs. 3 lit. a StG; KSGE 1992 Nr. 13; KRKE 1984 Nr. 18) und nicht mit der Eintragung in das Grundbuch (so aber Urteil KSG SGSTA.2011.98 vom 08.07.2013i.S. M., das fälschlicherweise die öffentliche Beurkun­dung mit dem Eintrag in das Grundbuch gleichsetzt). Wurde der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen, ist indessen der Eintritt der Bedingung massgebend (§ 31 Abs. 1 VV StG), da der Vertrag seine Wirkung erst auf diesen Zeitpunkt hin entfaltet. Bei einer Versteigerung entspricht der Zuschlag dem Abschluss des Kaufvertrages (Art. 229 OR), so dass die Besitzesdauer zu diesem Zeitpunkt beginnt oder endet (§ 31 Abs. 1 VV StG). Wurde das Grundstück in mehreren Tranchen erworben, ist der Gewinn unter Berücksichtigung der Besitzesdauer für jeden Teil separat zu ermitteln. Hingegen fällt der Zeitpunkt des Baues, der Erweiterung oder des Abbruchs von Gebäuden und Anlagen für die Berechnung des Besitzesdauerabzuges nicht in Betracht (§ 31 Abs. 2 VV StG).

 

Beispiel: Zeno Zuber verkauft im August 2017 sein Einfamilienhaus mit Garage, das auf einem Grundstück im Halt von 1‘000 m2 steht, zum Preis von CHF 800'000. Die Bauparzelle von 600 m2 hat er im April 1994 für CHF 90'000 erworben und das Haus im Jahr 1996 mit Kosten von CHF 400'000 erstellt. Für einen Erweiterungsbau konnte er im Mai 2000 die angrenzende Parzelle von 400 m2 zukaufen, allerdings bereits zu einem Preis von CHF 100'000. Der im darauffolgenden Jahr errichtete Anbau auf dem vereinigten Grundstück kostete weitere CHF 100'000.

Für die separate Ermittlung der Teilgewinne muss der Erlös sachgerecht auf die beiden gestaffelt erworbenen Grundstückteile verlegt werden (die gesonderten Anlagekosten sind bekannt). Eine mögliche Lösung kann darin bestehen, den Erlös auf Land und Ge­bäude aufzuschlüsseln, den Landerlös (Annahme: CHF 250/m2) dann nach Fläche aufzuteilen, jenen für das Gebäude nach Gebäudeversicherungswert (Annahme: 75% / 25%). Das ergibt die folgende Gewinnberechnung:

 

Erwerb 1994

Erwerb 2000

Total

Erlös                 Land (60%/40%)

150‘000

100‘000

250‘000

                        Gebäude (75%/25%)

412‘500

137‘500

550‘000

                        Total

562‘500

237‘500

800‘000

Anlagekosten   Land

‑ 90‘000

‑ 100‘000

‑ 190‘000

                        Gebäude

‑ 400‘000

‑ 100‘000

‑ 500‘000

Grundstückgewinn

72‘500

37‘500

110‘000

Besitzesdauer 1994 – 2017, 23 Jahre, 36%

26‘100

 

‑ 26‘100

Besitzesdauer 2000 – 2017, 17 Jahre, 24%

 

9‘000

‑ 9‘000

Steuerbarer Grundstückgewinn

 

 

74‘900

Erzielt der Verkäufer auf dem einen Teil des Grundstücks einen Gewinn und auf dem andern einen Verlust, wird der Besitzesdauerabzug auf dem (kleineren) Gesamtgewinn gewährt. Denn nur dieser wird besteuert. Für die Berechnung ist aber die Besitzesdauer desjenigen Teils des Grundstücks massgebend, auf dem ein Gewinn erzielt worden ist.

 

Beispiel (Variante 1): Zeno Zuber verkauft im August 2017 sein Einfamilienhaus mit Garage, das auf einem Grundstück im Halt von 1‘000 m2 steht, zum Preis von CHF 670'000. Die Bauparzelle von 600 m2 hat er im April 1994 für CHF 90'000 erworben und das Haus im Jahr 1996 mit Kosten von CHF 370'000 erstellt. Für einen Erweiterungsbau konnte er im Mai 2000 die angrenzende Parzelle von 400 m2 zukaufen, allerdings bereits zu einem Preis von CHF 100'000. Der im darauffolgenden Jahr errichtete Anbau auf dem vereinigten Grundstück kostete weitere CHF 80'000.

Für die separate Ermittlung der Teilgewinne muss der Erlös sachgerecht auf die beiden gestaffelt erworbenen Grundstückteile verlegt werden (die gesonderten Anlagekosten sind bekannt). Eine mögliche Lösung kann darin bestehen, den Erlös auf Land und Ge­bäude aufzuschlüsseln, den Landerlös (Annahme: CHF 220/m2) dann nach Fläche aufzuteilen, jenen für das Gebäude nach Gebäudeversicherungswert (Annahme: 80% / 20%). Das ergibt die folgende Gewinnberechnung:

 

Erwerb 1994

Erwerb 2000

Total

Erlös                 Land (60%/40%)

132‘000

88‘000

220‘000

                        Gebäude (80%/20%)

360‘000

90‘000

450‘000

                        Total

492‘000

178‘000

670‘000

Anlagekosten   Land

‑ 90‘000

‑ 100‘000

‑ 190‘000

                        Gebäude

‑ 370‘000

‑ 80‘000

‑ 450‘000

Grundstückgewinn

32‘000

‑ 2‘000

30‘000

Besitzesdauer 1994 – 2017, 23 Jahre, 36%

(11‘520)

 

‑ 10‘800

Besitzesdauer 2000 – 2017, 17 Jahre, 24%

 

0

0

Steuerbarer Grundstückgewinn

 

 

19‘200

Beispiel (Variante 2): Zeno Zuber verkauft im August 2017 sein Einfamilienhaus mit Garage, das auf einem Grundstück im Halt von 1‘000 m2 steht, zum Preis von CHF 670'000. Die Bauparzelle von 600 m2 hat er im April 1994 für CHF 90'000 erworben und das Haus im Jahr 1996 mit Kosten von CHF 370'000 erstellt. Für einen Erweiterungsbau konnte er im Mai 2000 die angrenzende Parzelle von 400 m2 zukaufen, allerdings bereits zu einem Preis von CHF 100'000. Der im darauffolgenden Jahr errichtete Anbau auf dem vereinigten Grundstück kostete weitere CHF 80'000.

Für die separate Ermittlung der Teilgewinne muss der Erlös sachgerecht auf die beiden gestaffelt erworbenen Grundstückteile verlegt werden (die gesonderten Anlagekosten sind bekannt). Eine mögliche Lösung kann darin bestehen, den Erlös auf Land und Ge­bäude aufzuschlüsseln, den Landerlös (Annahme: CHF 220/m2) dann nach Fläche aufzuteilen, jenen für das Gebäude nach Gebäudeversicherungswert (Annahme: 70% / 30%). Das ergibt die folgende Gewinnberechnung:

 

Erwerb 1994

Erwerb 2000

Total

Erlös                 Land (60%/40%)

132‘000

88‘000

220‘000

                        Gebäude (70%/30%)

315‘000

135‘000

450‘000

                        Total

447‘000

223‘000

670‘000

Anlagekosten   Land

‑ 90‘000

‑ 100‘000

‑ 190‘000

                        Gebäude

‑ 370‘000

‑ 80‘000

‑ 450‘000

Grundstückgewinn

‑ 13‘000

43‘000

30‘000

Besitzesdauer 1994 – 2017, 23 Jahre, 36%

 

 

 

Besitzesdauer 2000 – 2017, 17 Jahre, 24%

 

(10‘320)

‑ 7‘200

Steuerbarer Grundstückgewinn

 

 

22‘800

In jenen Fällen, in denen der Vertrag nicht öffentlich zu beurkunden ist (insbesondere wirtschaftliche Handänderung mit Übertragung der Aktienmehrheit an einer Immobiliengesellschaft), gilt als Beginn und Ende der Besitzesdauer der Zeitpunkt des Übergangs der Verfügungsgewalt. Das ist in der Regel bei Abschluss des Vertrages der Fall (§ 57 Abs. 3 lit. b StG), bei öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen mit Rechtskraft des Entscheids. Bei Überführung von Geschäftsvermögen in das Privatvermögen und umgekehrt beginnt und endet die Besitzesdauer im Zeitpunkt der jeweiligen Überführung (§ 57 Abs. 3 lit. c StG).

Wird bei einer Veräusserung die Besteuerung im Sinne von §§ 50 oder 51 StG aufgeschoben, unterbricht dies die Besitzesdauer nicht. Bei der nächsten Veräusserung wird für die Berechnung der Besitzesdauer – gleich wie für die Ermittlung der Anlagekosten (53 Abs. 2 und 3 StG) – auf die letzte steuerbegründende Veräusserung abgestellt (§ 57 Abs. 4 StG).

Begründet der Eigentümer auf seinem Grundstück ein selbständiges und dauerndes Baurecht, das er als Grundstück in das Grundbuch aufnehmen lässt, löst dies keine Grundstückgewinnsteuer aus (§ 27 lit. c StG). Bei der späteren Veräusserung des Baurechtsgrundstücks ist deshalb die Besitzesdauer des mit dem Baurecht belasteten Grundstücks anzurechnen (Urteil BGer 2C_704/2013 vom 01.05.2014). Anders verhält es sich jedoch, wenn ein Baurecht an einer überbauten Liegenschaft zu Gunsten eines Dritten begründet wird. Dieses Geschäft stellt eine steuerbare Veräusserung des Gebäudes dar (vgl. StB SO § 49 Nr. 1), mit der beim Bauberechtigten die Besitzesdauer neu zu laufen beginnt. Gleich zu beurteilen ist auch der Heimfall der Bauwerke beim Untergang des Baurechts, so dass in diesem Fall für Land und Gebäude unterschiedliche Besitzesdauern gelten (vgl. die vorstehenden Beispiele).