Aufzeichnungspflicht, Buchführung und Rechnungslegung
- § 23 Nr. 2 Version vom 15.02.2017 (pdf, 243 KB)
Gesetzliche Grundlagen
§ 23 Abs. 2 StG
§ 141 Abs. 2 StG
§ 8 Abs. 2 VV StG
Art. 18 Abs. 3 DBG
Art. 125 Abs. 2 DBG
Weitere Grundlagen
- Verordnung über die Führung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher (Geschäftsbücherverordnung; GeBüV) vom 24. April 2002, SR 221.431;
- Analyse des Vorstandes SSK zum neuen Rechnungslegungsrecht vom 12. Februar 2013.
Inhalt
1 Einführung
1.1 Begriffe
1.1.1 Aufzeichnungen
1.1.2 Buchführung
1.1.3 Rechnungslegung
1.2 Grundlegendes
2 Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung
3 Selbständige Erwerbstätigkeit
3.1 Vereinfachte Buchführung
3.2 Umfassende Buchführung
3.3 Soll- / Ist-Methode
3.4 Einzelfragen
3.4.1 Bargeldintensive Geschäftsbetriebe
3.4.2 Mitwirkungspflicht, steuerrechtliche Buchprüfung und Berufsgeheimnis
4 Grundsatz der Massgeblichkeit der Handelsbilanz und Methode der Gewinnermittlung bei einer Pflicht zur Buchführung
4.1 Grundlegendes zur umfassenden Buchführung
4.2 Grundlegendes zur erweiterten Buchführung
5 Steuerliche Auswirkungen des neuen Rechnungslegungsrechts
5.1 Umlauf- und Anlagevermögen
5.2 Rechnungslegung in Fremdwährung
5.3 Bewertung und Abschreibungen
5.4 Rückstellungen
5.5 Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten
5.6 Aufbewahrung der Geschäftskorrespondenz
6 Buchführung nach neuem Recht vor Ablauf der Übergangsfrist
7 Verletzung der Buchführungs- oder Aufzeichnungspflicht
8 Direkte Bundessteuer
1 Einführung
1.1 Begriffe
1.1.1. Aufzeichnungen
Unter Aufzeichnungen sind chronologisch fortlaufend geführte Aufschriebe über Geschäftsvorfälle zu verstehen, welche zeitnah, d.h. zeitlich unmittelbar nach ihrer Verwirklichung und damit aktuell, festgehalten werden (Zweifel/Athanas, DBG, Martin Zweifel, Art. 125 N 31).
1.1.2 Buchführung
Als Buchführung wird die Tätigkeit zur zahlenmässigen Erfassung und Verarbeitung der für die Buchführenden erheblichen internen und externen Vorgänge bezeichnet. Die Gesamtheit dieser ständig nachzuführenden Aufzeichnungen nennt man Buchhaltung. Nach schweizerischem Recht haben die Wörter Buchhaltung und Buchführung nach Inhalt und Umfang die gleiche Bedeutung (Boemle, in: Der Jahresabschluss).
1.1.3. Rechnungslegung
Ausgehend von der Buchhaltung wird die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens in Form der Jahresrechnung bzw. des Jahresabschlusses dargestellt. Die Rechnungslegung dient dem Unternehmen als Kommunikationsinstrument.
Die Buchführung und Rechnungslegung bilden zusammen das Finanzielle Rechnungswesen. Bei der Ausgestaltung des Finanziellen Rechnungswesens ist das Unternehmen nicht frei, denn es müssen die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden.
1.2 Grundlegendes
Das neue Rechnungslegungsrecht wurde im Dezember 2011 verabschiedet und ist per 1. Januar 2013 in Kraft getreten. Es ersetzt die früheren allgemeinen Bestimmungen zur kaufmännischen Buchführung und zu den Rechnungslegungsvorschriften sowie die im Aktienrecht enthaltenen Vorschriften zum Geschäftsbericht (mit Ausnahme von Art. 663c und Art. 670 OR). Die neuen Regeln zum Rechnungslegungsrecht sind nicht nur anwendbar auf Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, sondern betreffen auch Einzelunternehmen, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften sowie Vereine und Stiftungen. Für den Einzelabschluss beträgt die Übergangsfrist zwei Jahre, womit die neuen Bestimmungen erstmals ab 1. Januar 2015 angewendet werden müssen. Gesellschaften, welche die neuen Gesetzesnormen freiwillig ab dem 1. Januar 2013 anwenden, sind verpflichtet, sämtliche neuen Gesetzesbestimmungen einzuhalten (vgl. Ziffer 6).
Die seit jeher bekannten Grundsätze im Steuerrecht wie das Realisations- oder Massgeblichkeitsprinzip behalten nach wie vor ihre Gültigkeit. Neu ist die wirtschaftliche Bedeutung des Unternehmens massgebend für die Anwendung der Rechnungslegungsvorschriften, welche zwischen Kleinstunternehmen, KMU sowie grösseren Unternehmen unterscheiden. Die neue Rechnungslegung ist somit grundsätzlich rechtsformneutral, d.h. sie gilt für alle Gesellschaften und Organisationen des Privatrechts.
2 Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung
Nicht alle Selbständigerwerbenden sind zur Führung einer ordnungsgemässen Buchhaltung verpflichtet. Alle Steuerpflichtigen sind jedoch zu Aufzeichnungen verpflichtet, die eine ordnungsgemässe Ermittlung des steuerbaren Reineinkommens gewährleisten (= vereinfachte Buchführung). Die Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften besteht aufgrund von Art. 957 OR ab einem Umsatz von CHF 500‘000 (= umfassende Buchführung). Neu sind somit auch die bisher nicht der kaufmännischen Buchführungspflicht unterstandenen freien Berufe buchführungspflichtig, sofern sie den Umsatz von CHF 500‘000 erreichen.
Ebenfalls einer umfassenden Buchführung unterstehen sämtliche juristischen Personen, wobei für grössere Unternehmen zusätzliche Berichtspflichten gelten (= erweiterte Buchführungspflicht).
3 Selbständige Erwerbstätigkeit
3.1 Vereinfachte Buchführung
Selbständigerwerbende, die nach dem OR nicht zur Führung von Geschäftsbüchern verpflichtet sind, haben ihren Steuererklärungen die in § 141 Abs. 2 StG genannten Aufstellungen beizulegen, nämlich Aufstellungen über Aktiven und Passiven, Einnahmen und Ausgaben sowie Privatentnahmen und Privateinlagen. Somit trifft diese Steuerpflichtigen eine Aufzeichnungspflicht, welche sich auch unter dem neuen Recht nicht geändert hat. Die Notwendigkeit zur Erstellung einer vereinfachten Buchführung ergibt sich jedoch neu nicht mehr nur aus den steuerrechtlichen Verfahrenspflichten (§ 141 Abs. 2 StG), sondern bereits aus den handelsrechtlichen Bestimmungen (Art. 957 Abs. 2 OR).
Die Anforderungen an diese Aufzeichnungen richten sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art der Geschäftstätigkeit und nach deren Umfang. Diese Aufstellungen werden nur dann als ordnungsmässig und beweiskräftig angesehen, wenn ihnen Aufzeichnungen zugrunde liegen, die folgende Anforderungen erfüllen:
- Die Einnahmen und Ausgaben müssen fortlaufend, lückenlos und wahrheitsgetreu vorgenommen werden. Jede Eintragung hat sich grundsätzlich auf einen Beleg zu stützen. Bleistifteintragungen sind nicht zulässig.
- Bei allen Einnahmen und Ausgaben sind ausser den entsprechenden Daten auch die Namen der Leistenden und der Empfänger anzugeben.
- Der Buchsaldo des Kassenbuches ist dem Umfang des Kassenverkehrs entsprechend periodisch, mindestens aber monatlich, mit dem Bargeldbestand abzustimmen (bei Bargeldintensiven Betrieben vgl. Ziffer 3.4.1).
- Bei den Ausgaben ist immer der Zahlungsgrund zu vermerken (z.B. Miete, Löhne usw.).
- Über Warenvorräte ist einmal pro Jahr ein detailliertes Inventar (Menge, Werte, Arten) zu erstellen.
- Die übrigen Bestandteile des Geschäftsvermögens sind einzeln festzuhalten. Die Angabe von Globalbeträgen genügt nicht.
Zudem sollten die Geschäftsergebnisse die allseitige Überprüfung durch die Steuerbehörden erlauben (vgl. auch BGer vom 13. Dezember 2003, 2.A.272/2003, wobei in diesem Urteil die nachträglich eingereichte Übersicht den gesetzlichen Anforderungen an die Aufzeichnung nicht genügte).
3.2 Umfassende Buchführung
Unter dem neuen Rechnungslegungsrecht ist die Buchführungspflicht nicht mehr mit der Eintragung im Handelsregister verknüpft. Vielmehr besteht eine Buchführungspflicht von Personenunternehmen aufgrund der Bestimmungen des OR (vgl. Ziffer 2). Das Steuergesetz verweist in § 23 Abs. 2 für die Steuerpflichtigen, die eine ordnungsgemässe Buchhaltung führen, auf die Bestimmung in § 91 des Steuergesetzes betreffend die Berechnung des Reingewinns bei der juristischen Person und folglich auch auf das in dieser Bestimmung verankerte Mass-geblichkeitsprinzip (vgl. unter Ziffer 4 die ausführliche Kommentierung). Dieser Verweis wurde auch mit der Revision des Rechnungslegungsrechts nicht geändert.
3.3 Soll- / Ist-Methode
Buchführungspflichtige bzw. freiwillig Buchführende unterliegen der strengen Soll-Methode, welche für den Einkommenszufluss grundsätzlich auf den Forderungs- oder Eigentumserwerb abstellt. Für den Einkommensabfluss, d.h. für die zeitliche Zurechnung der Abzüge, ist der Zeitpunkt der Entstehung der Verpflichtung massgebend. Bei Warenlieferung ist der Zeitpunkt der Lieferung, bei Werkerstellung der Zeitpunkt der Ablieferung des Werks und bei Auftragserfüllung der Zeitpunkt der Erledigung des Auftrags massgebend. In der Praxis wird jedoch aus Gründen der Vereinfachung häufig auf den Zeitpunkt der Rechnungsstellung abgestellt (Richner/Frei/Kauf-mann/Meuter, Handkommentar zum DBG, Art. 18 N 143).
Der nicht buchführungspflichtige Selbständigerwerbende kann seine Einnahmen und Ausgaben auch unter dem neuen Rechnungslegungsrecht im Zeitpunkt der Bezahlung (Ist-Methode) oder im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs (Soll-Methode) erfassen. Werden Kreditoren, Rückstellungen, Wertberichtigungen oder andere passive Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen, so sind auch die Einnahmen nach der Soll-Methode abzugrenzen und mindestens die ausstehenden Fakturen vollständig zu erfassen. Die Einnahmen aus selbständiger Erwerbstätigkeit bestehen dann aus den tatsächlichen Geldeinnahmen und den Debitoren- bzw. Kreditorenveränderungen in der Rechnungsperiode. Zusätzlich sind auch die angefangenen Arbeiten ganz oder mindestens teilweise zu berücksichtigen. Dies gilt unabhängig davon, ob nach der Ist- oder der Soll-Methode abgerechnet wird. Die einmal gewählte Abrechnungsmethode ist grundsätzlich beizubehalten. Ein Wechsel der Abrechnungsmethode ist nur zulässig, wenn sichergestellt ist, dass keine Einkünfte der Besteuerung entzogen werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar DBG, Art. 18 N 150).
3.4 Einzelfragen
3.4.1 Bargeldintensive Geschäftsbetriebe
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Selbständigerwerbende (auch buchführungspflichtige und juristische Personen), die einen intensiven Bargeldverkehr aufweisen (z.B. Restaurants, Coiffeurbetriebe, Kioske etc.). Um die Vollständigkeit der verbuchten Umsätze überprüfen zu können, ist ein beweistaugliches Kassabuch in solchen Fällen unabdingbar.
Bei bargeldintensiven Betrieben kommt der Buchhaltung nur dann Beweiskraft zu, wenn ein vollständiges und nachgeführtes Kassabuch sowie vollständige Belege vorliegen, die eine Nachkontrolle gewährleisten (statt vieler: Grundsätzliche Entscheide des Steuergerichts KSGE 2004 Nr. 6).
An die Führung von aussage- und beweiskräftigen Kassabüchern hat die Rechtssprechung hohe Anforderungen gestellt (vgl. Urteil des BGer 9. Juni 2006, Nr. 2A.657/2005):
- Fortlaufende, lückenlose und zeitnahe Aufzeichnungen über Bareinnahmen und Barausgaben
- Buchungsbelege für sämtliche Buchungen
- Aufzeichnungen über Kassenstürze (in bargeldintensiven Betrieben ist täglich zu saldieren)
Ein nachträglich erstelltes Kassabuch erfüllt die Anforderungen an eine zeitnahe Aufzeichnung nicht mehr, sodass ihm in der Regel keine Beweiskraft zukommt und es aus dem Recht verwiesen werden muss.
Erweist sich ein Kassabuch als nicht ordnungsgemäss geführt und muss dessen Aussagekraft stark bezweifelt werden, kann bei bargeldintensiven Betrieben die ganze Buchhaltung zurückgewiesen werden. Das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit bzw. der steuerbare Gewinn müssen dann aufgrund einer Ermessensveranlagung festgesetzt werden.
3.4.2 Mitwirkungspflicht, steuerrechtliche Buchprüfung und Berufsgeheimnis
Für die Steuerpflichtigen besteht eine allgemeine Verpflichtung, im Veranlagungsverfahren mitzuwirken. Sie haben die Steuererklärung wahrheitsgetreu und vollständig ausgefüllt samt den notwendigen Beilagen einzureichen (§ 140 Abs. 2 StG). Sie müssen alles tun, um eine vollständige und richtige Veranlagung zu ermöglichen und sind dabei zur mündlichen oder schriftlichen Auskunftserteilung sowie zur Herausgabe von Unterlagen verpflichtet (§ 142 Abs. 2 StG).
Auch die an ein Berufsgeheimnis gebundene steuerpflichtige Person (z.B. Rechtsanwalt, Arzt) hat alle ihre Einkünfte zu deklarieren und den Behörden die notwendigen Unterlagen für die Überprüfung ihrer Angaben zur Verfügung zu stellen. Ihrer Mitwirkung erwachsen Schranken aus dem Berufsgeheimnis. Zu beachten ist dabei jedoch, dass z.B. der Rechtsanwalt nur in seiner anwaltschaftlichen Tätigkeit geheimhaltungspflichtig ist, d.h. dann, wenn ihm seine Aufgabe wegen des besonderen Vertrauens, das der Anwaltsstand geniesst, übertragen wurde (Zweifel/Athanas, DBG, Martin Zweifel, Art. 126 N 45 ff.). Der Name des Klienten und das Bestehen eines Mandatsverhältnisses sind bei einem Anwalt nicht unter allen Umständen geheimhaltungspflichtige Tatsachen. Die Einreichung einer schriftlichen Aufstellung mit Rechnungsbetrag, Rechnungsdatum und Initialen des Klienten an die Steuerbehörde stellt in der Regel keine Geheimnisoffenbarung dar. Der Anwalt, der sich weigert, selbst dies bekannt zu geben, kann zwar nicht wegen Verletzung der Auskunftspflicht gemäss § 188 Abs. 1 Bst. b StG gebüsst werden. Er muss jedoch damit rechnen, dass das steuerbare Einkommen nach pflichtgemässem Ermessen eingeschätzt werden muss.
Nicht unter die Geheimhaltungspflicht fällt jedoch, was den Kanzleibetrieb des Anwalts betrifft (berufliche Aufwendungen für Miete, Löhne, Versicherungen, Materialkosten, Reisespesen usw.). Ebenso entfällt die Geheimhaltungspflicht für Tätigkeiten ausserhalb der Advokatur, so die Zugehörigkeit zum Verwaltungsrat oder die Betätigung als Vermögensverwalter.
Die Bestimmungen zur Mitwirkungspflicht dienen auch als rechtliche Grundlage für die steuerrechtliche Buchprüfung. Weiter ist diese Grundlage ebenfalls im Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer (Art. 40 VStG), im Bundesgesetz über die Stempelabgaben (Art. 37 StG) sowie im Mehrwertsteuergesetz (Art. 78 MWSTG) geregelt.
Bei der steuerrechtlichen Buchprüfung handelt es sich um eine Bücheruntersuchung mit dem Ziel, eine sach- und fachgerechte sowie vollständige und richtige Besteuerung der steuerpflichtigen Person durchzuführen. Auch die Ordnungs- und Gesetzesmässigkeit der Buchführung und der Jahresrechnung sowie die Übereinstimmung mit den steuerrechtlichen Korrekturvorschriften werden untersucht. Der Gegenstand der steuerrechtlichen Buchprüfung ergibt sich aufgrund der handelsrechtlichen Bestimmungen (Art. 957ff. OR) und kann Folgendes umfassen:
- Geschäftsbücher (Jahresrechnung, Buchhaltung mit Hauptbuch und Nebenbüchern)
- Buchungsbelege (Debitorenrechnungen, Kreditorenrechnungen, Bankbelege etc.)
- Geschäftskorrespondenzen (Verträge, Rechnungen, Quittungen, Briefe etc.)
Um die massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen, muss das Vorgehen auf den jeweiligen Einzelfall abgestimmt werden. Bei komplexeren Fällen wird die steuerliche Buchprüfung extern, d.h. beim Steuerpflichtigen oder allenfalls beim Vertreter, vorgenommen. In weniger komplexen Fällen kann die Buchprüfung auch in den Räumlichkeiten der Veranlagungsbehörde vorgenommen werden. Dabei muss die steuerpflichtige Person vorgängig die notwendigen Unterlagen einreichen. Sowohl die interne als auch die externe Buchprüfung soll sachgerecht, zielorientiert und effizient erfolgen.
Um das Ziel einer Bücheruntersuchung mit dem Ergebnis einer vollständigen und richtigen Besteuerung der steuerpflichtigen Person abzuschliessen, kann es sein, dass von der handelsrechtlichen Bilanz aufgrund steuerrechtlicher Korrekturvorschriften abgewichen wird.
4 Grundsatz der Massgeblichkeit der Handelsbilanz und Methode der Gewinnermittlung bei einer Pflicht zur Buchführung
4.1 Grundlegendes zur umfassenden Buchführung
Bei den Selbständigerwerbenden findet sich im Steuergesetz weder eine Definition des Gewinns noch wird explizit festgelegt, nach welcher Methode der Gewinn zu ermitteln ist. Das Gesetz verweist jedoch für die Steuerpflichtigen, die eine ordnungsgemässe Buchhaltung führen, auf die Bestimmung in § 91 des Steuergesetzes betreffend die Berechnung des Reingewinns bei der juristischen Person. Damit wird auf den einheitlichen Gewinnbegriff im Unternehmenssteuerrecht Bezug genommen, und die Gewinnermittlungsmethode für Selbständigerwerbende ist grundsätzlich identisch mit derjenigen für die juristischen Personen, welche im Gegensatz zu den Selbständigerwerbenden in jedem Fall der Pflicht zur Buchführung unterliegen (umfassende resp. erweiterte Buchführung).
Ausgangspunkt für die steuerrechtliche Bestimmung des Unternehmensgewinns ist die kaufmännische Jahresrechnung bestehend aus Bilanz und Erfolgsrechnung (Massgeblichkeitsprinzip). Der steuerbare Reingewinn stimmt grundsätzlich mit dem buchmässig ausgewiesenen Gewinn überein, wie er in der Bilanz und in der Erfolgsrechnung dargelegt wird. Es handelt sich dabei um das Geschäftsergebnis der während einer Geschäftsperiode eingetretenen betrieblichen Geschäftsvorfälle, den Überschuss sämtlicher Erträgnisse über sämtliche Aufwendungen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, Art. 58 N 4). Allerdings muss insoweit von handelsrechtskonformen Bilanzansätzen abgewichen werden, als das Steuerrecht eigene Korrekturnormen kennt. Eine wesentliche Ursache für das partielle Abweichen von der Handelsbilanz durch steuerrechtliche Korrekturnormen findet sich in den unterschiedlichen Zielsetzungen von Handels- und Steuerrecht. Die geltenden Bewertungsvorschriften des Handelsrechts stehen unter dem Eindruck des Vorsichtsprinzips (Art. 958c Abs. 1 Ziff. 5 OR) und sind Höchstbewertungsbestimmungen. Sie dienen primär dem Schutz der Gläubiger. Mit den steuerlichen Korrekturvorschriften soll hingegen erreicht werden, dass sich die Ertrags- und Vermögenslage mit Blick auf die tatsächlichen Verhältnisse nicht zu ungünstig präsentiert. Es soll eine möglichst gleichmässige und an der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgerichtete periodische Besteuerung erfolgen (Art. 127 Abs. 2 BV).
Soweit eine Jahresrechnung handelsrechtskonform ist, entfaltet das Massgeblichkeitsprinzip für die Steuerpflichtigen eine Schutzfunktion. Ein Abweichen von den gewählten Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätzen ist in diesem Fall bei der Ermittlung der Steuerfaktoren nur zulässig, soweit steuerrechtliche Vorschriften dies vorsehen. Andererseits muss sich die steuerpflichtige Person grundsätzlich auf die von ihr eingereichten Jahresrechnung behaften lassen.
4.2 Grundlegendes zur erweiterten Buchführung
Unternehmen, die von Gesetzes wegen (Art. 727 OR) zu einer ordentlichen Revision verpflichtet sind, müssen zusätzliche Anforderungen an den Geschäftsbericht erfüllen. Dies beinhaltet zusätzliche Angaben im Anhang, eine Geldflussrechnung und einen Lagebericht (Art. 961 OR). Von den genannten zusätzlichen Anforderungen werden die grösseren Unternehmen befreit, wenn sie einem Konzern angehören, der eine Konzernrechnung nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstellt, und sofern nicht eine qualifizierte Minderheit dennoch auf diesen Informationen beharrt (Art. 961d OR).
5 Steuerliche Auswirkungen des neuen Rechnungslegungsrechts
Auch unter dem neuen Rechnungslegungsrecht gelten die bekannten Grundsätze (Konformitätsprinzip, Verbuchungsprinzip) weiterhin bzw. neu für alle Rechnungslegungspflichtigen unabhängig ihrer Rechtsform. Auch dient der handelsrechtskonforme Abschluss weiterhin als Grundlage für die steuerliche Bemessung (Massgeblichkeitsprinzip).
Bewertungen müssen nach wie vor vorsichtig erfolgen, dürfen aber die zuverlässige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens nicht verhindern (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar DBG, Art. 58 N 8e). Auch trotz der Absicht, die wirtschaftliche Lage darzustellen, bleibt die (beschränkte) Möglichkeit zur Bildung von stillen Reserven bestehen.
Trotz Altgewohntem weicht das neue Rechnungslegungsrecht in verschiedenen Bereichen wesentlich vom bisherigen ab. Die Steuerneutralität konnte jedoch, trotz dieser Änderungen, grundsätzlich erreicht werden (vgl. Analyse des Vorstandes SSK zum neuen Rechnungslegungsrecht, Aktualisierung am 26. November 2014). Die Veranlagungspraxis wird durch das neue Rechnungslegungsrecht insbesondere in folgenden Punkten tangiert:
5.1 Umlauf- und Anlagevermögen
Die Zuteilung von Aktiven zum Umlauf- und Anlagevermögen wird neu in Art. 959 Abs. 2 OR geregelt (Mindestgliederung der Bilanz). Als Umlaufvermögen gelten sämtliche flüssigen Mittel sowie diejenigen Aktiven, die voraussichtlich innerhalb eines Jahres oder innerhalb des normalen Geschäftszyklus zu flüssigen Mitteln werden oder anderweitig realisiert werden. Alle anderen Aktiven sind als Anlagevermögen zu bilanzieren. Diese Präzisierung des bisherigen Rechts verändert die steuerrechtliche Praxis zur steuerneutralen Ersatzbeschaffung und zum gewerbsmässigen Liegenschaftshandel nicht.
5.2 Rechnungslegung in Fremdwährung
Bisher musste die Rechnungslegung in Schweizer Franken erfolgen. Neu kann sie auch in der für die Geschäftsführung wesentlichen Fremdwährung (sog. Funktionalwährung) vorgenommen werden. Wird aber für die Rechnungslegung nicht die Landeswährung verwendet, so müssen die Werte zusätzlich in Schweizer Franken angegeben werden, und die verwendeten Umrechnungskurse sind im Anhang offenzulegen (Art. 958d Abs. 3 OR). Die Umrechnungsdifferenzen bei einem in Funktionalwährung geführten Jahresabschluss müssen direkt im Eigenkapital erfasst werden.
5.3 Bewertung und Abschreibungen
An der bisherigen Methode der Bewertung von Aktiven zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten wird auch unter dem neuen Rechnungslegungsrecht im Grundsatz festgehalten. Neu wird differenziert zwischen Ersterfassung und Folgebewertung. Besteht ein aktiver Markt, kann das entsprechende Aktivum bis um den beobachtbaren Marktwert (auch wenn er über dem Anschaffungswert liegt) aufgewertet werden und wird steuerrechtlich besteuert (buchmässige Realisation). Die Anforderungen sind relativ hoch, und der Nachweis des korrekten Marktwertes (keine Überbewertung) obliegt dem Unternehmen. Für Vorräte und nicht fakturierte Dienstleistungen wird am Niederstwertprinzip festgehalten. Für Aktiven mit beobachtbarem Marktpreis kann zum Börsen- oder Marktkurs eine Wertberichtigung als Schwankungsreserve gebildet werden. Diese stellt im Rahmen der handelsrechtlichen Zulässigkeit steuerlich einen geschäftsmässig begründeten Aufwand dar.
Prinzipiell gilt neu der Grundsatz der Einzelbewertung von Aktiven und Verbindlichkeiten, sofern diese wesentlich sind und aufgrund ihrer Gleichartigkeit für die Bewertung nicht üblicherweise als Gruppe zusammengefasst werden (Art. 960 Abs. 1 OR). Aufgrund der Analyse der Schweizerischen Steuerkonferenz zum neuen Rechnungslegungsrecht müssen Liegenschaften und Beteiligungen einzeln bewertet werden.
Abschreibungen spiegeln den nutzungs- und altersbedingten Wertverlust von abnutzbaren Wirtschaftsgütern wider. Abschreibungen können wie bisher steuerrechtlich nur im Zeitpunkt ihrer Verbuchung auf ihre geschäftsmässige Begründetheit überprüft werden.
Die Verbuchung der Einmalabschreibung (ist vorgängig mit dem Steueramt abzusprechen), der Warendrittel und das Pauschaldelkredere ist im revidierten Rechnungslegungsrecht nach wie vor nicht explizit vorgesehen. Die Verbuchung dieser drei Besonderheiten wurde bisher mit dem Vorsichtsprinzip gerechtfertigt, weshalb die Verbuchung grundsätzlich als handelsrechtskonform und steuerwirksam anerkannt wurde.
5.4 Rückstellungen
Nach Art. 960e OR sind Verbindlichkeiten zum Nennwert zu bilanzieren. In Abs. 2 enthält das OR sodann eine Gesetzesdefinition und ist zugleich Bilanzierungsvorschrift: Rückstellungen sind zu bilden, wenn aufgrund vergangener Ereignisse Mittelabflüsse in künftigen Geschäftsjahren zu erwarten sind. Interessant ist v.a. Abs. 4, wonach nicht mehr benötigte Rückstellungen handelsrechtlich nicht aufgelöst werden müssen. Dies im Gegensatz zur Steuerbilanz, in welcher bestehende Rückstellungen, welche nicht mehr begründet sind, steuerlich aufgelöst werden müssen (§ 92 Abs. 1 Bst. b StG), bzw. neue Rückstellungen, welche handelsrechtlich zulässig, nicht aber geschäftsmässig begründet sind, nicht zugelassen werden (§ 91 Abs. 1 Bst. b Ziff. 2 StG).
5.5 Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten
Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten dürfen aufgrund von Art. 959 Abs. 2 OR inskünftig nicht mehr aktiviert werden. Steuerlich bilden sie geschäftsmässig begründeten Aufwand. Die handelsrechtlich notwendige Ausbuchung bestehender aktivierter Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten im Zeitpunkt der Erstanwendung des neuen Rechnungslegungsrechts gilt steuerrechtlich als geschäftsmässig begründeter Aufwand.
5.6 Aufbewahrung der Geschäftskorrespondenz
Das revidierte Rechnungslegungsrecht verzichtet gänzlich auf den Begriff „Geschäftskorrespondenz“. Artikel 958f OR verlangt lediglich, dass Geschäftsbücher, Buchungsbelege, Geschäfts- und Revisionsbericht aufzubewahren sind. Die Unternehmen haben jedoch weiterhin denjenigen Teil der Geschäftskorrespondenz aufzubewahren, der einen teilweisen oder vollständigen Buchungsbeleg darstellt. Das neue Rechnungslegungsrecht will die Unternehmen nur von der Aufbewahrung derjenigen Geschäftskorrespondenz befreien, die für die Buchführung und Rechnungslegung ohne Erkenntnisse sind.
Für die aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen gilt nach wie vor eine 10-jährige Frist ab Ablauf des Geschäftsjahres, in dem die Dokumente entstanden sind.
Die Führung und die Aufbewahrung der Geschäftsbücher und der Buchungsbelege sind weiterhin in schriftlicher, elektronischer oder vergleichbarer Weise möglich, sofern die Übereinstimmung mit den zu Grunde liegenden Geschäftsvorfällen und Sachverhalten sichergestellt ist und die Dokumente jederzeit wieder lesbar gemacht werden können (Art. 958f Abs. 3 OR).
6 Buchführung nach neuem Recht vor Ablauf der Übergangsfrist
Werden Buchführung und Rechnungslegung bereits vor Ablauf der Übergangsfrist nach neuem Recht erstellt, sind die nach neuem Recht erstellten Abschlüsse auch steuerlich massgeblich. Verfahrensrechtlich werden die Steuerpflichtigen an derjenigen Jahresrechnung behaftet, welche der Steuererklärung gestützt auf § 141 Abs. 2 StG bzw. Art. 125 Abs. 2 DBG beigelegt wird.
7 Verletzung der Buchführungs- oder Aufzeichnungspflicht
Steuerpflichtige Personen, die ihrer Steuererklärung keine Jahresrechnung oder Aufzeichnung beilegen, sind entsprechend aufzufordern, diese nachzuliefern. Kommen sie dieser Aufforderung nicht nach, kann die Veranlagungsbehörde eine Ermessensveranlagung vornehmen. Formelle Voraussetzung dafür ist aber, dass vorgängig eine Ermessensveranlagung als Säumnisfolge angedroht worden ist (§ 147 Abs. 2 StG) mit Verweis auf die Rechtsfolge, dass eine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit angefochten werden kann (§ 149 Abs. 4 StG). Eine schuldhafte Unterlassung dieser Mitwirkungspflicht wird gebüsst gemäss § 188 Abs. 1 StG.
Gefälschte, verfälschte und inhaltlich unwahre Jahresrechnungen erfüllen den Straftatbestand des Steuerbetrugs gemäss § 200 Abs. 1 StG.
8 Direkte Bundessteuer
Die Regelung bei der direkten Bundessteuer ist identisch.