Überführung von Geschäftsliegenschaften ins Privatvermögen

 

Gesetzliche Grundlage              

Art. 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 DBG
Art. 18a Abs. 1 DBG 

 

Weitere Grundlagen

·         Kreisschreiben ESTV Nr. 28 vom 3. November 2010: Besteuerung der Liquidations-
          gewinne bei definitiver Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit;

·         Kreisschreiben ESTV Nr. 26 vom 16. Dezember 2009: Neuerungen bei der selbständigen
          Erwerbstätigkeit aufgrund der Unternehmenssteuerreform II;

·         Merkblatt zum Kreisschreiben ESTV Nr. 2 vom 12. November 1992: Einkommen aus
          selbständiger Erwerbstätigkeit nach Artikel 18 DBG (Ausdehnung der Kapital-
          gewinnsteuerpflicht, Übergang zur Präponderanzmethode und deren Anwendung).

 

Inhalt

1             Einführung

2             Steuersystematische Realisation

3             Zeitpunkt der Realisation bei Privatentnahmen

3.1          Privatentnahme durch Nutzungsänderung

3.2          Privatentnahme bei Vermietung oder Verpachtung

3.3          Privatentnahme bei der Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit6

3.4          Privatentnahme bei der Umstrukturierung von Einzelunternehmen

3.5          Privatentnahme bei einer Schenkung von Geschäftsvermögen

3.6          Privatentnahme bei gewerbsmässigem Liegenschaftshandel

4             Steuerfolgen

4.1          Grundsatz

4.2          Ermittlung Überführungs- resp. Verkehrswert der Geschäftsliegenschaft

4.3          Aufschub

4.4          Besteuerung der Liquidationsgewinne bei definitiver Aufgabe der selbständigen
               Erwerbstätigkeit

5             Direkte Bundessteuer

 

1             Einführung

Zu den Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit gehören sämtliche ordentlichen und ausserordentlichen Erträge (vgl. StB SO § 23 Nr. 1 Ziffer 5.1). Zu den ausserordentlichen Erträgen zählen alle Einkünfte, die ausserhalb der geschäftsplanmässigen Tätigkeit erzielt werden, insbesondere auch alle Kapitalgewinne, die sich aus der Veräusserung einzelner Vermögenswerte ergeben. Unter Kapitalgewinn versteht man grundsätzlich Einkünfte mit einem einmaligen Charakter anlässlich der Realisation von Vermögenswerten (z.B. Verkauf einer Liegenschaft). Die Realisation ist ein wichtiger Begriff im Steuerrecht. Die stillen Reserven (Differenz zwischen dem Einkommenssteuerwert eines Vermögenswertes und seinem höheren Verkehrswert) können nur besteuert werden, wenn sie steuerlich realisiert sind. Das blosse Vorhandensein von stillen Reserven auf einem Vermögenswert genügt nicht. Es bestehen drei Arten der Realisation:

§  die echte Realisation (z.B. der Verkauf der Liegenschaft);

§  die buchmässige Realisation (z.B. eine Aufwertung der Liegenschaft);

§  die steuersystematische Realisation (z.B. die Überführung einer Geschäftsliegenschaft ins Privatvermögen).

Daher sind alle einmaligen oder periodischen Einkünfte, die bei der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit realisiert werden, steuerbar. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bildet der Gewinn aus der Veräusserung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken (StB SO § 23 Nr. 6).

Das Gesetz erwähnt in § 24 Abs. 1 StG folgende zwei Tatbestände der steuersystematischen Realisation: Wird Geschäftsvermögen in den Privatvermögensbereich (= sog. Privatentnahme) oder ins Ausland überführt, werden die auf diesem Vermögen ruhenden stillen Reserven besteuert.

Bei der Privatentnahme, als Spezialfall der steuersystematischen Realisation, werden Vermögenswerte aus dem Geschäftsvermögen ins Privatvermögen überführt. Das Unternehmen erbringt dem Steuerpflichtigen eine Leistung, ohne eine entsprechende Gegenleistung dafür zu erhalten. Die weitere Verwendung des Aktivums ist unerheblich, d.h. es spielt keine Rolle, ob das Aktivum dauernd im Privatvermögen verbleibt oder ob es später veräussert wird. Auch das Verschenken von Geschäftsvermögen stellt eine Form der Privatentnahme dar, da Schenkungen grundsätzlich nur aus dem Privatvermögen erfolgen können.

Beispiel 1: 

Der Steuerpflichtige ist Inhaber eines Baugeschäfts und schenkt anlässlich seines 65. Geburtstages seiner Tochter ein zum Geschäftsvermögen gehörendes Mehrfamilienhaus.
 
Lösung:

Nach § 24 Abs. 1 StG gilt die Überführung von Geschäftsvermögen ins Privatvermögen als Veräusserung. Die Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem Buchwert der Liegenschaft unterliegt der Einkommenssteuer nach § 24 StG. Unter gewissen Umständen kann der Steuerpflichtige verlangen, dass nur die Differenz zwischen Anlagekosten und Einkommenssteuerwert besteuert und die Besteuerung des Grundstückgewinns aufgeschoben wird (vgl. dazu Ziffer 4.3 unten).
 

2             Steuersystematische Realisation

Überträgt ein Selbständigerwerbender eine Geschäftsliegenschaft ins Privatvermögen, bleibt er nach wie vor dessen Rechtsträger. Zivilrechtlich betrachtet wird nichts veräussert; der Vermögenswert scheidet nicht aus der Vermögenssphäre des Rechtsträgers aus (von Ah, Besteuerung Selbständigerwerbender, S. 83). Auch aus steuerrechtlicher Sicht wird nichts echt realisiert. Die unterschiedliche einkommenssteuerrechtliche Bedeutung von Privat- und Geschäftsvermögen hat zur Folge, dass auch die Übertragung eines Vermögensobjektes aus dem einen in den andern Vermögensbereich steuerrechtliche Konsequenzen hat. Die Übertragung von Objekten des Geschäftsvermögens in das Privatvermögen gilt nach § 24 Abs. 1 StG als Realisationstatbestand. Nur mit der Besteuerung der stillen Reserven bei der Privatentnahme wird somit eine rechtsgleiche und lückenlose Besteuerung der stillen Reserven bei der Veräusserung von Geschäftsvermögen sichergestellt. Besonderheiten diesbezüglich bestehen bei der Überführung von Geschäftsliegenschaften ins Privatvermögen bei den land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken (vgl. StB SO § 23 Nr. 6) und als Folge der Einführung der Unternehmenssteuerreform II bei Liegenschaften des Anlagevermögens (vgl. dazu die weiteren Ausführungen unter Ziffer 4.3).

 

3             Zeitpunkt der Realisation bei Privatentnahmen

Die Privatentnahme kann für einzelne Wirtschaftsgüter erfolgen. Wird ein einzelner Vermögensgegenstand dem Geschäftsbetrieb entnommen, um ihn fortan dauerhaft privaten Zwecken zu widmen, liegt eine Privatentnahme vor. Eine Privatentnahme setzt nicht nur die Verwirklichung des Willens des Betriebsinhabers voraus, sondern insbesondere die klare Erkennbarkeit dieses (eindeutigen) Willensakts für die Steuerbehörden (vgl. von Ah, Besteuerung Selbständigerwerbender, S. 84). Eine stille resp. heimliche Privatentnahme gibt es nicht (vgl. dazu StE 1995 B 23.2 Nr. 15). Ein klar erkennbarer Willensakt liegt beispielsweise bei einer Ausbuchung eines Vermögensgegenstandes vor, da bei buchführenden die Privatentnahme auch in den Büchern nachvollzogen wird. Unterlässt es die Veranlagungsbehörde trotz klarer Erkennbarkeit, die Privatentnahme steuerlich zu berücksichtigen, gelten die Vermögensgegenstände fortan trotzdem als Privatvermögen.

Beispiel 2; eine für die Veranlagungsbehörde erkennbare Privatentnahme (StE 2008 B 23.2 Nr. 38):

Ein selbständiger Architekt hatte die streitbetroffene Liegenschaft bis Ende 1986 als Geschäftsvermögen in der Buchhaltung seiner Einzelfirma verbucht. Ab 1987 wurde die Buchhaltung durch einen neuen Buchhalter erstellt, was verbunden war mit darstellerischen Änderungen; die Liegenschaft war nicht mehr Bestandteil des Jahresabschlusses. Per Ende 1988 wurde sie unter den privaten Liegenschaften im Liegenschaftsverzeichnis deklariert, deren Ertragsüberschuss als Einkünfte aus Liegenschaften. Da mit der Privatentnahme kein Buchgewinn erzielt wurde, enthielt die Buchhaltung einzig die Ausbuchung der Liegenschaft aus dem Geschäftsvermögen. Das zuständige Gericht befand, dass die 1987 erfolgte buchhalterische Überführung der Liegenschaft ins Privatvermögen aus den eingereichten Unterlagen der Veranlagungsbehörde klar und unzweideutig bekannt gegeben worden war und Letztere damit in der Lage und gehalten gewesen wäre, den bei Privatentnahme anfallenden steuersystematischen Kapitalgewinn zu veranlagen. Die Liegenschaft gehöre seither zum Privatvermögen.

3.1         Privatentnahme durch Nutzungsänderung

Eine Privatentnahme liegt auch vor, wenn die überwiegende Nutzung der Liegenschaft vom geschäftlichen zum privaten Teil wechselt und sich diese Änderung als dauerhaft erweist (i.d.R. ab fünf Jahren, vgl. auch StB SO § 24 Nr. 2 Ziffer 2.3). Dabei ist grundsätzlich auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Das heisst, dass die Liegenschaft tatsächlich ausschliesslich und dauernd überwiegend privat genutzt werden muss.

Beispiel 3:

Die Liegenschaft eines Arztes mit Arztpraxis gehört zum Geschäftsvermögen, wenn die Nutzung durch die Arztpraxis überwiegt und nur ein kleiner Teil als Wohnung dient. Wird jedoch (z.B. altershalber) ein Teil der Arztpraxis dauernd als Wohnung vermietet, so dürfte die private Nutzung gegenüber der Nutzung für die Arztpraxis überwiegen und die ganze Liegenschaft zum Privatvermögen zählen (vgl. zur Präponderanzmethode bei Liegenschaften § 24 Nr. 2 Ziffer 2.3.1 SO StB).


Bezeichnet der Steuerpflichtige eine gemischt genutzte Liegenschaft in Grenzfällen weiterhin als Geschäftsvermögen (§ 141 Abs. 2 StG), so ist er darauf zu behaften. Der Kapitalgewinn wird in diesem Fall erst bei der Veräusserung der Liegenschaft oder bei der Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit erzielt und der Einkommenssteuer unterworfen.

3.2         Privatentnahme bei Vermietung oder Verpachtung

Die Vermietung bzw. Verpachtung von Geschäftsvermögen ändert grundsätzlich nichts an dessen Zuordnung, solange dies nur als eine vorübergehende Massnahme erscheint. Wird ein Geschäft jedoch im Zusammenhang mit seiner endgültigen Aufgabe vermietet bzw. verpachtet, so liegt grundsätzlich eine Privatentnahme vor (vgl. StE 1996 B 23.2 Nr. 16).

Beispiel 4:

Der Eigentümer eines Restaurants verpachtet dieses, weil er die Erwerbstätigkeit altershalber aufgibt. Es liegt dabei grundsätzlich eine Privatentnahme vor, da die Rückkehr des Verpächters zwecks Selbstbewirtschaftung als ausgeschlossen erscheint.

Seit dem 1. Januar 2011 gilt jedoch die Verpachtung eines Geschäftsbetriebes nur noch dann als Überführung in das Privatvermögen, wenn die steuerpflichtige Person einen entsprechenden Antrag stellt (vgl. § 24 Abs. 4 StG resp. Ziffer 2.2 KS Nr. 26 ESTV).

3.3         Privatentnahme bei der Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit

Oft werden bei einer Liquidation insbesondere Liegenschaften nicht an Dritte verkauft, sondern verbleiben im Eigentum des ehemaligen Teilhabers der (aufgelösten) Personengesellschaft. Da die selbständige Erwerbstätigkeit endgültig eingestellt worden ist, erfolgt hier eine Überführung in das Privatvermögen der steuerpflichtigen Person. Gemäss § 24 Abs. 1 StG ist diese Überführung einer Veräusserung gleichgestellt, dies auch bei fehlender zivilrechtlicher Handänderung des Eigentums. Da es sich steuersystematisch um eine Veräusserung handelt, muss der anfallende Kapitalgewinn auf Grund des Verkehrswertes berechnet werden.

3.4         Privatentnahme bei der Umstrukturierung von Einzelunternehmen

Die Übertragung von Geschäftsvermögen im Zusammenhang mit einer Umstrukturierung gemäss § 25 Abs. 1 StG ist steuerneutral möglich, sofern die bisherigen Buchwerte übernommen und auf ein anderes schweizerisches Unternehmen übertragen werden (innerhalb von Personenunternehmen nur, wenn die übertragende Person auch am übernehmenden Personenunternehmen beteiligt ist). Unter diesen Umständen liegt keine Privatentnahme vor. Eine Restriktion ergibt sich aus dem steuersystematischen Realisationsbestand der Überführung von Geschäftsvermögen in das Privatvermögen. Eine solche steuerbare Privatentnahme liegt vor, soweit bei der übertragenden Personenunternehmung Vermögenswerte zurückbleiben und diese nicht mehr ganz oder vorwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit dienen (Präponderanzmethode). Auch die Übertragung von Geschäftsvermögen auf eine nichtkaufmännische Kollektivgesellschaft (Art. 553 OR; keine selbständige Erwerbstätigkeit) stellt eine Überführung von Geschäftsvermögen ins Privatvermögen dar.

3.5         Privatentnahme bei einer Schenkung von Geschäftsvermögen

Wird ein ganzes Unternehmen unentgeltlich durch Schenkung, Erbvorbezug oder Erbgang übertragen, führt dies für sich alleine mangels Zufluss eines Entgelts beim Übertragenden zu keiner Realisation und somit nicht zu einer Besteuerung der stillen Reserven (sofern die bisherigen Buchwerte übernommen werden). Die übertragenden Wirtschaftsgüter bleiben weiterhin Geschäftsvermögen. Es liegt somit in solchen Fällen keine Privatentnahme vor. Eine solche Überführung kann jedoch Schenkungs- und Erbschaftssteuerfolgen auslösen.

Das Verschenken von Geschäftsvermögen stellt jedoch eine Privatentnahme dar, da Schenkungen grundsätzlich nur aus dem Privatvermögen erfolgen können (vgl. Beispiel 1).

3.6         Privatentnahme bei gewerbsmässigem Liegenschaftshandel

Gewinne aus der Veräusserung von Liegenschaften können selbständiges Erwerbseinkommen natürlicher Personen darstellen, wenn der Handel gewerbsmässig erfolgt. Bei Vorliegen einer selbständigen Erwerbstätigkeit gilt in der Regel der ganze Immobilienbesitz, mit Ausnahme der selbstgenutzten Objekte, als Geschäftsvermögen. Diese Geschäftsliegenschaften können in der Regel nicht ins Privatvermögen überführt werden, da die Tätigkeit an die Person des Liegenschaftenhändlers gebunden ist (siehe die detaillierten Ausführungen dazu in StB SO § 23 Nr. 4 „Gewerbsmässiger Liegenschaftshandel“).

 

4             Steuerfolgen

4.1         Grundsatz

Die Privatentnahme einer Geschäftsliegenschaft hat immer zu Verkehrswerten zu erfolgen und führt dadurch zu einer steuersystematischen Realisation der stillen Reserven. Das Ausscheiden aus dem Geschäftsvermögen bewirkt in erster Linie, dass die bis anhin zugelassenen Abschreibungen wieder eingebracht werden. Die Übertragung eines Grundstücks aus dem Geschäftsvermögen in das Privatvermögen bewirkt aber auch die Besteuerung des Grundstückgewinns, d.h. der Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem Anlagewert eines Grundstücks (Wertzuwachsgewinn). Somit realisiert der Steuerpflichtige entweder einen steuerbaren Kapitalgewinn oder einen steuerlich abziehbaren Kapitalverlust aus selbständiger Erwerbstätigkeit (auch für die AHV massgebend).

Beispiel 5a:

Der Steuerpflichtige überführt in Zusammenhang mit seiner Geschäftsaufgabe die Geschäftsliegenschaft mit einem Buchwert von CHF 350‘000 und einem Verkehrswert von CHF 700‘000 ins Privatvermögen. Die Anlagekosten (Kaufpreis plus wertvermehrende Aufwendungen) betragen CHF 500‘000. Abschreibungen im Betrag von CHF 100‘000 sind früher steuerlich nicht anerkannt worden.

  CHF CHF
Überführungswert (Verkehrswert)   700'000
Buchwert Liegenschaft 350'000  
Versteuerte stille Reserven 100'000  
Einkommenssteuerwert 450'000 450'000
Steuerbar aus Überführung ins Privatvermögen   250'000
     

4.2         Ermittlung Überführungs- resp. Verkehrswert der Geschäftsliegenschaft

Gemäss bundesgerichtlicher Definition (Urteil BGer vom 26. Mai 1977, Nr. 103 Ia 103) ist der Verkehrswert „….der Preis, zu dem Grundstücke gleicher oder ähnlicher Grösse, Lage und Beschaffenheit in der betreffenden Gegend unter normalen Verhältnissen verkauft werden“. Er entspricht definitionsgemäss dem Marktpreis, den die Mehrheit einer objekttypischen Käufergruppe zu bezahlen bereit wäre. Der Marktwert ist meistens (vor allem bei kleineren Objekten) mit dem Verkehrswert identisch.

Muss der Verkehrswert nach Jahren rückwirkend ermittelt werden, handelt es sich dabei immer um einen hypothetischen Wert, der mittels Schätzung festgelegt werden muss. Für eine solche Schätzung stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Die Vergleichsmethode bringt dabei in der Regel bessere Ergebnisse als die verschiedenen möglichen Hilfsmethoden. Wird der massgebende Verkehrswert durch Vergleich mit anderen Objekten ermittelt, darf davon ausgegangen werden, dass er genauer ist als ein durch Rückrechnung über mehrere Jahre ermittelter Wert.

Bei fehlendem Vergleich ist in der Rechtsprechung die sog. Mischwertmethode anerkannt (d.h. gewichtete Berücksichtigung von Ertragswert und Realwert), da diese Faktoren die Höhe eines Kaufpreises oder Verkehrswertes entscheidend beeinflussen (vgl. dazu Urteil d. BGer vom 9. Juli 2015, Nr. 2C_46/2015). Er gilt in der Regel als Fortführungswert, d.h. der Ertragswert wird aufgrund der aktuellen Nutzung bestimmt. Ist jedoch die Privatentnahme mit einer Nutzungsänderung verbunden oder ist in absehbarer Zeit mit einer Nutzungsänderung zu rechnen, wird der Verkehrswert aufgrund der Verhältnisse nach Nutzungsänderung berechnet. Preise, die zufolge persönlicher oder sonst im Einzelfall ungewöhnlicher Verhältnisse erzielt werden, sind nicht zu berücksichtigen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass Gebäudeversicherungs- bzw. Steuerwerte nur beschränkt aussagekräftig sind und eine fachmännische (marktbezogene) Verkehrswertschätzung praktisch nie ersetzen. Bei der Gebäudeversicherung fallen Grundstück und Lage ausser Acht. Die Steuerwerte wiederum sind schematisch hergeleitet und werden nicht ständig im Sinne des tatsächlichen Liegenschaftsmarktes aktualisiert. Demzufolge ist bei fehlendem Vergleichspreis, eine in Auftrag erteilte Marktwertermittlung (Gutachten) zu empfehlen. Diese ist bei der zuständigen Veranlagungsbehörde so einzureichen, dass sie in Bezug auf die Methodik und die nachvollziehbare Herleitung der eingesetzten Werte korrekt, vollständig und marktkonform ist. Prinzipiell sollte ein solches Gutachten möglichst aktuell sein. Bei stabilen Marktverhältnissen kann eine Schätzung gut zwei Jahre lang aussagekräftig sein.

Gemäss § 127 Abs. 1 StG stellen die Steuerbehörden zusammen mit den Steuerpflichtigen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse fest, die für eine vollständige und richtige Be-steuerung massgebend sind. Dies erfolgt üblicherweise im Veranlagungsverfahren gestützt auf die Angaben in der Steuererklärung. Insbesondere bei rechtlich und wirtschaftlich bedeutenden Sachverhalten besteht für die Steuerpflichtigen oft ein Bedürfnis, die steuer-liche Behandlung bereits vor der Umsetzung verbindlich zu klären. Daher kann das Steueramt die Beurteilung des Verkehrswertes der zu überführenden Geschäftsliegenschaft auch vor Einreichung der Steuererklärung vornehmen, sofern es sich dabei um eine Entnahme handelt, die tatsächlich auch verwirklicht wird. Die Steuerfolgen werden in einem solchen Fall von der zuständigen Veranlagungsbehörde in Zusammenarbeit mit der Katasterschätzung geprüft und bei korrekter Herleitung mit einem steueramtlichen Vorbescheid bestätigt. Ein solcher Vorbescheid entfaltet seine Wirkung in der betroffenen Steuerperiode, sofern dies durch den Grundsatz von Treu und Glauben geboten ist. Im Regelfall werden solche Vorbescheide im Hinblick auf künftige Veranlagungsverfahren gebührenfrei erteilt. Hingegen können gemäss § 19 Gebührentarif für schriftliche Auskünfte, die das übliche Ausmass übersteigen, Kosten auferlegt werden. Die Kostenerhebung wird dem Gesuchsteller vor der Bearbeitung aber angezeigt.

4.3         Aufschub

Die steuerliche Abrechnung über die gesamten stillen Reserven von Geschäftsliegenschaften im Falle einer Überführung ins Privatvermögen, wie sie im Kanton Solothurn vorgesehen ist, stellt den Steuerpflichtigen nicht selten vor Liquiditätsprobleme, da mit diesem Vorgang kein Geldzufluss verbunden ist. Aus diesem Grund kann der Steuerpflichtige seit dem 1. Januar 2011 bei der Überführung einer Liegenschaft des Anlagevermögens aus dem Geschäfts- ins Privatvermögen (gilt nicht für Liegenschaften im Handelsbestand) verlangen, dass im Zeitpunkt der Überführung nur die Differenz zwischen Anlagekosten und dem massgebenden Einkommenssteuerwert, d.h. die sog. wieder eingebrachten Abschreibungen, besteuert werden.
 
Beispiel 5b:

    CHF
Anlagekosten   500'000
Einkommenssteuerwert   450'000
Steuerbar bei Aufschub (wieder eingebrachte Abschreibungen)   50'000
     

Erfolgt ein Aufschub, so ist die Differenz zwischen dem später erzielten gesamten Verkaufserlös beziehungsweise dem Verkehrswert einerseits und dem massgebenden Einkommenssteuerwert (Anlagekosten im Zeitpunkt des Steueraufschubs) zuzüglich der wertvermehrenden Investitionen seit der Überführung andererseits abzüglich der mit der Veräusserung zusammenhängenden Kosten steuerbar. Diese Differenz wird der AHV-Behörde gemeldet. Ist der Verkehrswert der Liegenschaft im Zeitpunkt der Veräusserung unter den Einkommenssteuerwert gesunken, so kann dieser Verlust in derselben Steuerperiode vom übrigen Einkommen in Abzug gebracht werden. § 24 Abs. 3 lit. b StG geht als Spezialbestimmung für Grundstücke des Anlagevermögens der Grundnorm von § 24 Abs. 1 StG, wonach die Überführung einer Veräusserung gleichgestellt ist, vor.

In Bezug auf die Besteuerung der zwischen der Überführung und dem Verkauf erzielten Liegenschaftserträge wird das Grundstück als Teil des Privatvermögens behandelt.

4.4         Besteuerung der Liquidationsgewinne bei definitiver Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit

Nach § 47ter Abs. 1 StG werden seit dem 1. Januar 2011 bei definitiver Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit nach dem vollendeten 55. Altersjahr oder infolge Invalidität die in den letzten zwei Geschäftsjahren realisierten Reserven getrennt vom übrigen Einkommen privilegiert besteuert. Die definitive Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinn von § 47ter StG kann im zeitlichen Zusammenhang mit einer Überführung von Grundstücken aus dem Geschäfts- ins Privatvermögen stehen. Dadurch können in bestimmten Fällen die stillen Reserven aus der Übertragung von Liegenschaften des Anlagevermögens vom Geschäfts- ins Privatvermögen ebenfalls privilegiert besteuert werden. Der Steuerpflichtige kann bei diesen Liegenschaften jedoch zwischen dem Steueraufschub gemäss § 24 Abs. 3 lit. b StG und der privilegierten Liquidationsbesteuerung gemäss  § 47ter Abs. 1 StG wählen. Die entsprechenden Bestimmungen sind im StB SO § 24 Nr. 1 „Kapital- und Liquidationsgewinne“ resp. KS ESTV Nr. 28, ausführlich dokumentiert.

 

5             Direkte Bundessteuer

Die Regelung bei der direkten Bundessteuer ist identisch.