Kapitalleistungen und Kapitalzahlungen, Vorsorgeleistungen
- § 47 Nr. 1 Version vom 10.11.2022 (pdf, 135 KB)
Gesetzliche Grundlagen
§ 47 StG
§ 7 StVO Nr. 12
§ 8 StVO Nr. 12
Art. 38 DBG
Weitere Grundlagen
- Kreisschreiben Nr. 1 (Steuerperiode 2003) der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 3.10.2002, Die Abgangsentschädigung resp. Kapitalabfindung des Arbeitgebers
- Kreisschreiben Nr. 17 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 3.10.2007, Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge
- Kreisschreiben Nr. 18 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 17.7.2008, Steuerliche Behandlung von Vorsorgebeiträgen und -leistungen der Säule 3a
- Kreisschreiben Nr. 41 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 18.9.2014, Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge
- Praxishinweis der SSK vom 27.10.2009: Besteuerung von Kapitalleistungen aus Leibrentenversicherungen (Säule 3b)
Inhalt
1 Allgemeines
2 Kapitalleistungen
2.1 Kapitalleistungen nach § 30 StG.
2.2 Kapitalzahlungen bei Tod oder für bleibende körperliche oder gesundheitliche
Nachteile
2.3 Kapitalzahlungen bei Rückkauf und Prämienrückgewähr von rückkaufsfähigen
Rentenversicherungen
3 Zeitpunkt der Besteuerung
3.1 Säule 2
3.1.1 Barauszahlungsbegehren
3.1.2 Vorsorgefall
3.2 Freizügigkeitskonten/-policen
3.3 Säule 3a
4 Steuerrückerstattung bei Rückzahlung WEF-Vorbezug
5 Bemessungsgrundlage
6 Tarif
7 Missbrauch
7.1 Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit
7.2 Wohneigentumsförderung
8 Direkte Bundessteuer
1 Allgemeines
Kapitalleistungen aus Vorsorge gemäss § 30 StG sowie Kapitalzahlungen, die bei Tod oder für bleibende körperliche oder gesundheitliche Nachteile ausgerichtet werden, werden nicht zusammen mit den übrigen Einkünften besteuert. Es handelt sich dabei um aperiodische Zuflüsse in Form von Einmalzahlungen, die an die Stelle von Rentenzahlungen treten.
§ 47 StG verhindert, dass eine steuerpflichtige Person, die anstelle von periodisch zu versteuernden Rentenleistungen eine einmalige Kapitalzahlung erhält, zu einem ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht entsprechenden, überhöhten Steuersatz besteuert wird. Eine uneingeschränkte Besteuerung würde zu einer Verzerrung und damit zu einer Verletzung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führen, obwohl der Zufluss der Einmalzahlung zu einer erhöhten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar DBG, Art. 38 N 2).
Die Besteuerung der Kapitalleistung erfolgt privilegiert. Dies geschieht dadurch, dass:
- die Kapitalleistung getrennt vom übrigen Einkommen besteuert wird und zudem
- ein günstigerer Steuersatz zur Anwendung gelangt.
2 Kapitalleistungen
2.1 Kapitalleistungen nach § 30 StG
Unter Kapitalleistungen nach § 30 StG fallen Kapitalleistungen aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und Leistungen aus anerkannten Formen der gebundenen Selbst-vorsorge im Sinne von Art. 82 BVG. Vgl. dazu StB SO § 30 Nr. 1 und 2.
2.2 Kapitalzahlungen bei Tod oder für bleibende körperliche oder
gesundheitliche Nachteile
Unter Kapitalzahlungen bei Tod oder für bleibende körperliche oder gesundheitliche Nachteile fallen Kapitalleistungen, die meist von Unfall- und Haftpflichtversicherungen bei Tod oder Eintritt eines Versicherungsereignisses zum Ausgleich sämtlicher Ansprüche an den Verunfallten oder chronisch kranken Steuerpflichtigen ausgerichtet werden (Ivo P. Baum-gartner, in: Zweifel/Beusch, DBG). Vgl. dazu StB SO § 31 Nr. 1.
Kapitalzahlungen für bleibende Nachteile infolge Krankheit oder Unfall für ein noch nicht erwerbstätiges oder noch nicht erwerbsfähiges Kind sind Ersatz für den künftigen, durch die Invalidität bedingten Ausfall an Erwerbseinkommen und sind vom Kind persönlich zu versteuern (§ 14 Abs. 3 lit. a StG).
2.3 Kapitalzahlungen bei Rückkauf und Prämienrückgewähr von
rückkaufsfähigen Rentenversicherungen
Rückkaufsfähige Leibrentenversicherungen können sowohl während der Aufschubzeit als auch bei bereits laufender Rente zurückgekauft werden. Diese Kapitalleistungen bei Rückkauf sowie die Rückgewähr im Todesfall sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entsprechend der nachstehenden Grafik differenziert zu besteuern (vgl. Praxishinweis der SSK vom 27.10.2009: Besteuerung von Kapitalleistungen aus Leibrentenversicherungen [Säule 3b] sowie StB SO § 31 Nr. 1). Nicht entscheidend ist, ob die Versicherung mit periodischen oder mit Einmalprämie finanziert worden ist.
3 Zeitpunkt der Besteuerung
Kapitalleistungen werden in derjenigen Steuerperiode besteuert, in der sie fällig bzw. ausbezahlt werden. Dieser Zeitpunkt ist massgebend, ob der Kanton Solothurn gemäss Art. 4b StHG das Besteuerungsrecht hat (das Stichtagsprinzip [31. Dezember] findet hier keine Anwendung). Auch im innerkantonalen Verhältnis gilt dieser Zeitpunkt und nicht der Stichtag vom 31. Dezember (§ 249bis StG). Ebenso ist dieser Zeitpunkt für den anzuwendenden Steuersatz von Bedeutung.
3.1 Säule 2
Wann eine Kapitalleistung aus der Säule 2 zu besteuern ist, hängt vom Auszahlungsgrund ab.
3.1.1 Barauszahlungsbegehren
Kapitalleistungen der Säule 2, die aufgrund eines Barauszahlungsbegehrens erbracht werden, gelten im Zeitpunkt der Barauszahlung als zugeflossen bzw. als fällig. Dies gilt bei Kapital-leistungen infolge Vorbezugs nach Art. 1 WEFV aber auch bei einer Barauszahlung infolge Wegzugs ins Ausland nach Art. 5 Abs. 1 lit. a FZG.
Da eine steuerpflichtige Person nach Art. 5 Abs. 3 WEFV einen Vorbezug nur alle fünf Jahre geltend machen kann, werden sämtliche Bezüge aus der Säule 2 innerhalb dieses Zeitraums zusammengezählt und mit der ersten Kapitalleistung zusammen besteuert (es erfolgt eine Korrektur der ersten Veranlagung).
Erfolgt jedoch eine Kapitalleistung infolge Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit nach Art. 5 Abs. 1 lit. b FZG, ist gemäss einem Urteil des BGer vom 20. Oktober 2009 (2C_245/2009, StR 2010 S. 471) die Fälligkeit massgebend. Dies ist dann der Fall, wenn die Barauszahlungsvoraussetzungen erfüllt sind.
3.1.2 Vorsorgefall
Bei Kapitalleistungen in Vorsorgefällen (Alter, Tod, Invalidität) gilt die Auszahlung im Zeitpunkt des Eintritts des Vorsorgefalls als steuerlich zugeflossen. Bei einer Pensionierung entsteht der Anspruch nicht bereits am letzten Tag, an dem das Arbeitsverhältnis noch bestand, sondern am ersten Tag darauf. Altersleistungen werden frühestens am ersten Tag fällig, an dem kein Versicherungsschutz mehr besteht (KSGE 2007 Nr. 1, bestätigt im Urteil des BGer vom 14. Dezember 2007 [2C_179/2007] in: StE 2008 B 21.2 Nr. 25).
Wird die Kapitalauszahlung gestaffelt ausbezahlt, ist die gesamte Auszahlung im Zeitpunkt des Vorsorgefalls (Alter, Tod, Invalidität) realisiert (Urteil KSG vom 31. August 2009 i.S. R [SGSTA.2009.25]). Eine Ausnahme besteht bei einer Teilpensionierung. Als Teilpensionierung qualifiziert wird die altersbedingte Reduktion des Arbeitspensums, verbunden mit dem teilweisen Bezug der Altersleistung aus der beruflichen Vorsorge. Sie wird steuerlich unter den folgenden Voraussetzungen anerkannt:
- der Beschäftigungsgrad reduziert sich nachgewiesenermassen dauerhaft um mindestens 20 %,
- der Lohn und der versicherte Verdienst vermindern sich entsprechend,
- die Altersleistung wird im gleichen Verhältnis bezogen, in dem das Arbeitspensum reduziert wird,
- der Abstand zwischen den einzelnen Pensionierungsschritten muss mindestens ein Jahr (12 volle Monate) betragen, und
- die Möglichkeit einer Teilpensionierung muss im Reglement der Vorsorgeeinrichtung vorgesehen sein.
Bei einer schrittweisen Pensionierung sind die Anzahl der Teilpensionierungsschritte grundsätzlich nicht beschränkt, sofern die hievor genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Bei einer Pensionierung in mehreren Schritten ist die Anzahl der Bezüge der Altersleistungen in Kapitalform auf maximal drei Kapitalbezüge beschränkt (siehe nachfolgende Beispiele).
Beispiel 1 (ausgehend von einem Beschäftigungsgrad von 100%)
Alter 62: Teilpensionierung
- Reduktion Beschäftigungsgrad um 20% von 100% auf 80%
- Kapitalbezug im Umfang von 20% des Altersguthabens
Alter 63: Teilpensionierung
- Reduktion Beschäftigungsgrad um 30% von 80% auf 50%
- Kapitalbezug im Umfang von 30% des Altersguthabens
Alter 64: Teilpensionierung
- Reduktion Beschäftigungsgrad um 20% von 50% auf 30%
- Kapitalbezug im Umfang von 20% des Altersguthabens
Alter 65: Definitive Erwerbsaufgabe und Pensionierung
- Reduktion Beschäftigungsgrad um 30% von 30% auf 0%
- Das restliche Altersguthaben muss als Rente bezogen werden, da bereits drei Kapitalbezüge erfolgt sind.
Beispiel 2 (ausgehend von einem Beschäftigungsgrad von 100%)
Alter 63: Teilpensionierung
- Reduktion Beschäftigungsgrad um 30% von 100% auf 70%
- Kapitalbezug im Umfang von 30% des Altersguthabens
Alter 64: Teilpensionierung
- Reduktion Beschäftigungsgrad um 50% von 70% auf 20%
- Kapitalbezug im Umfang von 50% des Altersguthabens
Alter 65: Definitive Erwerbsaufgabe und Pensionierung
- Reduktion Beschäftigungsgrad um 20% von 20% auf 0%
- Kapitalbezug des restlichen Altersguthabens.
3.2 Freizügigkeitskonten/-policen
Nach Art. 16 FZV dürfen Altersleistungen von Freizügigkeitspolicen und Freizügigkeitskonten frühestens fünf Jahre vor und spätestens fünf Jahre nach Erreichen des Rentenalters nach Art. 13 Abs. 1 BVG ausbezahlt werden. Dann werden sie fällig. Dies gilt auch für Kapitalleistungen der Stiftung Auffangeinrichtung BVG. Altersleistungen, die nach dem letzten zulässigen Zeitpunkt ausbezahlt werden, sind nicht im Auszahlungszeitpunkt zu versteuern, sondern im Zeitpunkt der Fälligkeit. Ein Teilbezug ist - im Unterschied zum Vorbezug zum Erwerb von Wohneigentum - nicht möglich. Dementsprechend ist ab dem Zeitpunkt, ab dem die Altersleistung bezogen werden kann, bei einem Bezug immer das ganze Freizügigkeitsguthaben zu versteuern.
Da eine steuerpflichtige Person nach Art. 5 Abs. 3 WEFV einen Vorbezug nur alle fünf Jahre geltend machen kann, werden sämtliche Bezüge aus der Säule 2 innerhalb dieses Zeitraums zusammengezählt und mit der ersten Kapitalleistung zusammen besteuert (es erfolgt eine Korrektur der ersten Veranlagung).
3.3 Säule 3a
Gemäss Art. 3 Abs. 1 BVV 3 dürfen Altersleistungen frühestens fünf Jahre vor dem ordentlichen Rentenalter der AHV (Art. 21 Abs. 1 AHVG) ausgerichtet werden. Sie werden bei Erreichen des ordentlichen Rentenalters der AHV fällig. Weist der Vorsorgenehmer nach, dass er weiterhin erwerbstätig ist, kann der Bezug bis höchstens fünf Jahre nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters der AHV aufgeschoben werden.
Erfolgt die Auszahlung der Kapitalleistung nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters der AHV, ist sie im Zeitpunkt der Fälligkeit zu besteuern, ausser es wird eine Erwerbstätigkeit nachgewiesen. Ebenfalls auf die Fälligkeit ist bei einer Kapitalleistung einer Versicherung im Todesfall abzustellen. Ansonsten ist das Auszahlungsdatum massgebend.
Da eine steuerpflichtige Person nach Art. 5 Abs. 3 WEFV einen Vorbezug nur alle fünf Jahre geltend machen kann, werden sämtliche Bezüge aus der Säule 3a innerhalb dieses Zeitraums zusammengezählt und mit der ersten Kapitalleistung zusammen besteuert (es erfolgt eine Korrektur der ersten Veranlagung).
4 Steuerrückerstattung bei Rückzahlung WEF-Vorbezug
Die zum Zwecke der Wohneigentumsförderung aus einer anerkannten Vorsorgeeinrichtung der 2. Säule bezogenen Gelder können zurückbezahlt werden. Der Mindestbetrag für eine Rückzahlung beträgt CHF 10'000 (Art. 7 Abs. 1 WEFV). Die Rückzahlung des Vorbezuges aus den im Gesetz genannten Gründen (Art. 30d Abs. 1 und 2 BVG; Art. 79b Abs. 3 BVG) gibt dem Vorsorgenehmer Anspruch auf zinslose Rückerstattung der seinerzeit an Bund, Kanton und Gemeinde bezahlten Steuern. Der Abzug des wieder einbezahlten Vorbezuges vom steuer-baren Einkommen ist ausgeschlossen.
Für die Rückerstattung der Steuern ist innert drei Jahren nach Wiedereinzahlung ein schrift-liches Gesuch an diejenige Steuerbehörde zu richten, die seinerzeit den Steuerbetrag erhoben hat (Art. 83a Abs. 3 BVG). Mit dem schriftlichen Gesuch um Rückerstattung der Steuern sind folgende Bescheinigungen einzureichen:
- Registerauszug / Bescheinigung für die kantonale Steuerverwaltung der ESTV
- Nachweis über das im Wohneigentum investierte Vorsorgekapital
- Nachweise über die an den Kanton, die Gemeinde und den Bund aufgrund des Vorbezugs bezahlten Steuerbeträge
Bei mehreren Vorbezügen erfolgt die Rückerstattung der bezahlten Steuern in der gleichen zeitlichen Reihenfolge, wie zuvor die Vorbezüge stattgefunden haben. Nicht fristgerecht zurückgeforderte Steuern können weder zurückbezahlt noch bei einem allfälligen späteren Kapitalbezug berücksichtigt werden.
5 Bemessungsgrundlage
Kapitalleistungen, die nach § 47 StG besteuert werden, werden getrennt vom übrigen Einkommen besteuert. Jedoch werden Kapitalleistungen von Ehegatten und mehrere Kapitalleistungen im gleichen Jahr gemäss § 14 Abs. 1 StG i.V.m. § 7 Abs. 3 StVO Nr. 12 zusammengerechnet.
Ist eine Veranlagung für eine Kapitalleistung bereits rechtskräftig, wird sie durch die neue Veranlagung aller Einkünfte ersetzt (§ 47 Abs. 2 StG).
Zahlt ein Steuerpflichtiger regelmässig zu viel in die Säule 3a ein und verlangt er trotz Aufforderung des Steueramtes den zu viel einbezahlten Betrag nicht zurück, kann er nicht verlangen, die Besteuerung bei der Auszahlung müsse sich auf die steuerlich zugelassenen Abzüge beschränken (KSGE 2010 Nr. 9). Vgl. weiterführend StB SO § 41 Nr. 7, Ziff. 3.
Gemäss § 8 Abs. 1bis StVO Nr. 12 sind die im Jahr 2000 geleisteten Beiträge und Prämien in die Säule 3a, die nicht abgezogen werden konnten, von der Besteuerung ausgenommen.
Beispiel
Sachverhalt
X erhält am 30. April 2016 eine Kapitalleistung aus der Säule 3a infolge Vorbezug WEF von CHF 60‘000. Diese wird am 1. Juni 2016 besteuert und ist in Rechtskraft erwachsen. Am 12. August 2016 erhält seine Ehefrau aus ihrer Pensionskasse eine Kapitalleistung ebenfalls infolge Vorbezug WEF von CHF 90‘000.
Lösung
Die erste Veranlagung vom 1. Juni 2016 wird infolge der zweiten Auszahlung korrigiert. Die Kapitalleistung von CHF 60‘000 wird zum Satz von CHF 150‘000 besteuert. Die zweite Kapital-leistung von CHF 90‘000 wird gleichzeitig zum Satz von CHF 150‘000 besteuert. Somit werden die beiden Kapitalleistungen von total CHF 150‘000 zum Satz von CHF 150‘000 besteuert.
6 Tarif
Die Steuer beträgt ein Viertel der nach § 44 StG berechneten Steuer. Bei der Festlegung des anzuwendenden Steuersatzes sind nicht die Verhältnisse am Ende der Steuerperiode oder der Steuerpflicht massgebend (§ 44 Abs. 4 StG), sondern die persönlichen Verhältnisse im Zeit-punkt der Auszahlung der Kapitalleistung bzw. der Fälligkeit.
Beispiel
Sachverhalt
X erhält am 30. April 2016 eine Kapitalleistung aus der Säule 3a infolge Vorbezug WEF von CHF 60‘000. Diese wird am 1. Juni 2016 besteuert und ist in Rechtskraft erwachsen. Er heiratet am 1. Juli 2016. Am 12. August 2016 erhält seine Ehefrau aus ihrer Pensionskasse eine Kapital-leistung ebenfalls infolge Vorbezug WEF von CHF 90‘000.
Lösung
Die an X ausbezahlte Kapitalleistung von CHF 60‘000 wird nach § 44 Abs. 1 StG (Grundtarif) besteuert, da er im Zeitpunkt der Auszahlung nicht verheiratet war. Die zweite Kapital-leistung von CHF 90‘000 wird zum Satz von CHF 150‘000 nach § 44 Abs. 2 lit. a StG (Splittingtarif) besteuert. Die erste Veranlagung vom 1. Juni 2016 wird nicht korrigiert.
7 Missbrauch
7.1 Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit
Bezieht eine steuerpflichtige Person Vorsorgegelder, weil sie angibt, eine selbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, diese aber nie aufnimmt, ist von einem rechtsmissbräuch-lichen Bezug von Vorsorgegeldern auszugehen. Ein solcher darf nicht privilegiert besteuert werden. Als Folge davon wird die Kapitalleistung nicht als Vorsorgeleistung nach § 47 StG besteuert, sondern als übriges Einkommen (KSGE 2010 Nr. 10; Urteil BGer 2C_156/2010 vom 7. Juni 2011, in: ASA 81, 379). Vgl. weiterführend StB SO § 41 Nr. 6, Ziff. 5.
7.2 Wohneigentumsförderung
Die Amortisation einer Hypothek für selbstgenutztes Wohneigentum mit gleichzeitiger oder kurz darauf erfolgender Erhöhung einer anderen Hypothek stellt keine Rückzahlung von Hypothekardarlehen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 lit. c BVV 3 dar (Urteil BGer vom 29. Januar 2015 [2C_325/2014]). Das Bundesgericht führt im Urteil aus, dass die Bestimmung dem Vorsorgeschutz diene und deshalb eng, jedenfalls aber nicht extensiv auszulegen sei. Andernfalls hätte es der Versicherte in der Hand, durch das „Umparkieren“ von Geldern die in der Vorsorge gebundenen Mittel in den frei verfügbaren Privatbereich zu transferieren (Erw. 4.1). Folglich wird die Kapitalleistung nicht nach § 47 StG, sondern als übriges Einkommen nach § 21 Abs. 1 StG besteuert. Vgl. weiterführend StB SO § 41 Nr. 6, Ziff. 4.
8 Direkte Bundessteuer
Die Regelung bei der direkten Bundessteuer ist beinahe identisch mit der Regelung bei der Staatssteuer. Sie weicht in zwei Punkten ab. Die Steuer beträgt ein Fünftel der nach Art 36 DBG berechneten Steuer. Zudem werden Kapitalabfindungen aus einer mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Vorsorgeeinrichtung oder gleichartige Kapitalabfindung des Arbeitgebers nach Art. 17 Abs. 2 DBG ebenfalls getrennt vom übrigen Einkommen nach Art. 38 DBG besteuert (vgl. StB SO § 22 Nr. 3).