Leistungen von Lebensversicherungen
- § 31 Nr. 1 Version vom 18.03.2021 (pdf, 287 KB)
Gesetzliche Grundlagen
§ 31 StG
Art. 23 DBG
Weitere Grundlagen
- Kreisschreiben ESTV Nr. 24 1995/96 vom 30. Juni 1995: Kapitalversicherungen mit Einmalprämie
- Kreisschreiben ESTV Nr. 11 vom 31. August 2005: Abzug von Krankheits- und Unfallkosten sowie von behinderungsbedingten Kosten
- Rundschreiben ESTV vom 1. Oktober 2013: Prüfungsverfahren zur Qualifikation von rückkaufsfähigen privaten Kapitalversicherungen (Säule 3b) gemäss Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 24 Buchstabe b des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer
Inhalt
1 Allgemeines zu Lebensversicherungen
1.1 Beteiligte Personen
1.2 Unterscheidungen
1.2.1 Versichertes Ereignis oder Risiko
1.2.2 Art der Prämienzahlung
1.2.3 Art der Versicherungsleistung
1.2.4 Kapitalbildung und Rückkaufsrecht
1.2.5 Geschäftliche und private Versicherung
2 Form der Besteuerung
3 Besteuerung der Leistungen
3.1 Leistungen von Kapitalversicherungen
3.1.1 Nicht rückkaufsfähige Kapitalversicherungen
3.1.2 Rückkaufsfähige Kapitalversicherungen
3.1.3 Besonderheiten
3.2 Leistungen von Rentenversicherungen
3.2.1 Renten aus nicht rückkaufsfähigen Rentenversicherungen
3.2.2 Renten von rückkaufsfähigen Rentenversicherungen
3.2.3 Rückkauf und Prämienrückgewähr von rückkaufsfähigen Rentenversicherungen
3.2.4 Zeitrenten
4 Direkte Bundessteuer
5 Rententabelle
1 Allgemeines zu Lebensversicherungen
Das Steuerrecht geht von einem umfassenden Versicherungsbegriff aus, der mit jenem des Privatversicherungs- und Aufsichtsrechts nicht deckungsgleich ist. Weil Lebensversicherungen in verschiedener Hinsicht steuerlich eine besondere Behandlung erfahren, ist vor allem zur Abgrenzung von anderen Finanz- und Anlageprodukten wesentlich, dass kumulativ
- der Versicherer ein biometrisches Risiko (Alter, Tod, Invalidität) abdeckt und
- Ungewissheit über den Zeitpunkt besteht, in dem das versicherte Ereignis eintritt (MAUTE/STEINER/RUFENER/ LANG, S. 326).
Bei rückkaufsfähigen Kapitalversicherungen ist zudem ein angemessener Risikoschutz verlangt (siehe Ziffer 1.2.4).
1.1 Beteiligte Personen
An einem Lebensversicherungsvertrag sind grundsätzlich vier verschiedene Parteien beteiligt, wobei in diesem Vertragsverhältnis eine Person mehrere Funktionen einnehmen kann.
Versicherungsnehmer bzw. Versicherungsnehmerin ist jene Partei des Versicherungsvertrages, die für ein bestimmtes Ereignis oder Risiko eine finanzielle Absicherung sucht.
Der Versicherer bietet als die andere Vertragspartei diesen Versicherungsschutz an. Versicherer bzw. Versicherungsunternehmen bedürfen für die Aufnahme ihrer Tätigkeit einer Bewilligung durch die Finanzmarktaufsicht FINMA (Art. 3 Abs. 1 VAG; Versicherungsaufsichtsgesetz vom 17.12.2004, SR 961.01).
Versicherte Person ist jene Person, deren Leben oder Gesundheit versichert ist. Schliesst der Versicherungsnehmer eine Versicherung auf sein eigenes Leben ab, sind versicherte Person und Versicherungsnehmer identisch; es handelt sich um eine Eigenversicherung. Steuerlich wird auch als Eigenversicherung anerkannt, wenn der eine Ehegatte Versicherungsnehmer ist und der andere versicherte Person, ebenso wenn die Versicherung auf das Leben beider lautet. Andernfalls liegt eine Fremdversicherung vor.
Begünstigte oder anspruchsberechtigte Person ist jene Person, die beim Eintritt des versicherten Ereignisses die Versicherungsleistung erhält. Das kann der Versicherungsnehmer selbst sein, namentlich bei den Erlebensfallversicherungen. Er kann aber auch, insbesondere bei Todesfallversicherungen, eine Drittperson als Begünstigten bezeichnen. Bestimmt der Versicherungsnehmer die begünstigte Person nicht selbst, so gelten die Ehegatten und die Nachkommen gesetzlich als Begünstigte. Der Versicherungsnehmer kann die Begünstigung jederzeit widerrufen. Auf dieses Recht kann er nur durch Unterschrift auf der Police und deren Übergabe an den Begünstigten verzichten (unwiderrufliche Begünstigung; Art. 77 Abs. 2 VVG).
1.2 Unterscheidungen
Lebensversicherungen können nach verschiedenen Merkmalen eingeteilt werden, im Wesentlichen nach der Art des Versicherungsfalls (versichertes Ereignis oder Risiko), nach der Prämienzahlungsart oder nach der Art der Versicherungsleistung. Steuerlich ist zudem zwischen privater und geschäftlicher Versicherung zu unterscheiden (§ 32 lit. b StG, Art. 24 lit. b DBG).
1.2.1 Versichertes Ereignis oder Risiko
Todesfallversicherung: Die Versicherungsleistung ist beim Eintritt des Todes der versicherten Person geschuldet. Bei der temporären Todesfallversicherung ist die Versicherungsleistung geschuldet, wenn der Versicherte während der zeitlich begrenzten Versicherungsdauer stirbt (Todesfallrisikoversicherung). Bei der lebenslänglichen Todesfallversicherung hat der Versicherer die Leistung auf jeden Fall zu erbringen, weshalb diese Versicherungsart vor allem der Familienfürsorge oder als Sterbeversicherung dient. Sie weist in der Regel geringe Versicherungssummen auf und ist heute selten.
Erlebensfallversicherung: Die Versicherungsleistung wird fällig, wenn der Versicherte ein bestimmtes, vertraglich vereinbartes Alter erreicht bzw. einen bestimmten Termin erlebt. Diese Versicherung kann als reine Risikoversicherung (keine Leistung bei vorzeitigem Tod) oder verbunden mit einem Sparvorgang (Rückerstattung der bis zum Tod bezahlten Prämien = Prämienrückgewähr) ausgestaltet werden. Eine typische Erlebensfallversicherung ist die Leibrentenversicherung. Versichert wird hier das sogenannte Langleberisiko.
Die gemischte Versicherung ist eine Kombination von Todesfallrisiko- und Erlebensfallversicherung. Die Versicherungsleistung ist in jedem Fall zu erbringen, entweder beim vorzeitigen Tod des Versicherten oder beim Erreichen des vertraglich bestimmten Alters. Der Eintritt des versicherten Ereignisses ist also gewiss, nur der Zeitpunkt nicht; die Leistungen sind im Todes- und Erlebensfall garantiert. Diese Versicherung, die in der Regel einen Sparvorgang beinhaltet, ist die „klassische“ Lebensversicherung, die nach wie vor sehr verbreitet ist.
Terme-fixe-Versicherung (Versicherung auf festen Termin): Die Versicherungssumme ist im vertraglich bestimmten Zeitpunkt zu leisten, egal ob der Versicherte dann noch lebt oder ob er bereits früher verstorben ist. Eine Versicherung im Sinne der Risikoabdeckung liegt hier nur vor, wenn die Finanzierung mit periodischen Prämien erfolgt, solange der Versicherungsnehmer lebt (KS ESTV 1995/96 Nr. 24 vom 30. Juni 1995; S. 3).
Invaliditätsversicherung: Es kann – ähnlich wie in der Sozialversicherung – das Risiko der Erwerbsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall versichert werden. Häufig ist auch die sogenannte Summenversicherung (Art. 88 VVG), bei der die Invalidität zufolge Unfalls nicht aufgrund der verlorenen Erwerbsfähigkeit, sondern nach einer Gliederskala ermittelt wird. Abhängig von diesem schematisch festgestellten Invaliditätsgrad wird ein Invaliditätskapital ausgerichtet (z.B. Auto-Insassenversicherung).
Es ist möglich, verschiedene Risiken in einem Versicherungsvertrag zu versichern. Namentlich werden Todesfall- und Invaliditätsrisiko oft gemeinsam abgesichert. Darunter fällt (als minimale Variante) auch die Prämienbefreiung für die restliche Laufzeit der Todesfallversicherung im Fall der Invalidität des Versicherungsnehmers.
1.2.2 Art der Prämienzahlung
Periodische Prämienzahlung: Die Prämie ist während der ganzen Vertragsdauer periodisch und planmässig zu entrichten.
Einmalprämie: Als Versicherung mit Einmalprämie gilt in erster Linie jene, bei der die Prämie bei Vertragsabschluss fällig und auf einmal entrichtet wird. Darunter können aber auch mehrfache Prämienzahlungen fallen, wenn eine Gesamtverpflichtung vorliegt und die Prämienzahlung nicht eindeutig periodisch und planmässig geregelt ist (KS ESTV 1995/96 Nr. 24 vom 30. Juni 1995, S. 4).
1.2.3 Art der Versicherungsleistung
Kapitalversicherung: Die Versicherungsleistung wird in Kapitalform ausbezahlt, in der Regel unter einem Mal, zum Teil aber in mehreren Raten.
Rentenversicherung: Die Leistung erfolgt periodisch, bei der Leibrente (auch Lebensrente) bis zum Tod des Versicherten, bei der Zeitrente während einer bestimmten, vertraglich vereinbarten Zeit. Bei der temporären Leibrente handelt es sich um eine zeitlich befristete Leibrente. Die Leistung endet beim Tod des Versicherten, spätestens aber am Ende der vereinbarten Laufzeit, je nach dem, was eher eintritt. Weiter kann zwischen sofort beginnender und aufgeschobener Rente unterschieden werden. Bei der ersten beginnt die Rente sofort nach Vertragsabschluss und Hingabe des Kapitals zu laufen, bei der zweiten wird der Rentenbeginn um eine bestimmte Dauer hinausgeschoben. Das ist naturgemäss bei Rentenversicherungen mit periodischen Prämien der Fall. Werden die einbezahlten Prämien (in der Regel inklusive Zinsen und Überschussanteile) beim vorzeitigen Ableben des Versicherten nach Abzug der bezahlten Renten zurückerstattet, spricht man von Prämienrückgewähr.
Technisch lässt sich jedes Kapital in eine Rente und jede Rente in ein Kapital umrechnen (SCHAETZLE/WEBER, Kapitalisieren, Handbuch zur Anwendung der Barwerttafeln, Zürich 2001, S. 2 f.). Dafür gibt es verschiedene Tabellenwerke (Eidg. Steuerverwaltung, Tabelle zur Umrechnung von Kapitalleistungen in lebenslängliche Renten [siehe Ziff. 5]; STAUFFER/SCHAETZLE/WEBER, Barwerttafeln und Berechnungsprogramme, Zürich 2018). An der Qualifikation als Rentenversicherung ändert jedoch nichts, wenn statt der vertraglich vereinbarten Rente das Kapital ausgerichtet wird.
Sowohl bei Kapital- als auch bei Rentenversicherungen ist weiter zwischen der garantierten Leistung und den Überschussanteilen zu differenzieren. Die garantierte Leistung ist jene, die der Versicherer gemäss Versicherungsvertrag bei Eintritt des versicherten Ereignisses zu leisten verspricht (z.B. Todesfallkapital, jährliche Leibrente). Sie beruht auf den bei Vertragsschluss geltenden statistischen Annahmen betr. zukünftiger Sterblichkeit, Wahrscheinlichkeit der Invalidität, Verzinsung und Kosten.
Naturgemäss treffen die Versicherer diesbezüglich vorsichtige Annahmen. Wenn sie während der Vertragsdauer aber bessere Ergebnisse erzielen, indem sie z.B. höhere Kapitalerträge erwirtschaften als angenommen, erzielen sie einen Gewinn, den sie bei Verträgen mit Gewinnbeteiligung als Überschussanteile (Bonus) an die Versicherten ausrichten. Die Überschussanteile können zur Reduktion der Prämien oder zur Verbesserung der Leistungen verwendet oder zusammen mit den Leistungen ausgerichtet werden. Die Auszahlung erfolgt aber auch separat, wenn am Vertragsende keine sonstige Leistung erfolgt.
1.2.4 Kapitalbildung und Rückkaufsrecht
Versicherungen, deren Prämien einen Sparteil enthalten und bei denen der Eintritt des versicherten Ereignisses gewiss ist, werden kapitalbildende Versicherungen genannt. Im Gegensatz dazu stehen die Risikoversicherungen. Hier muss der Versicherer die Leistung nur erbringen, wenn sich das versicherte Risiko, dessen Eintritt ungewiss ist, während der Vertragsdauer verwirklicht (MAUTE/STEINER/RUFENER/LANG, S. 330). Möglich sind auch hier Mischformen. Von Bedeutung ist vor allem die Versicherung mit Sparkomponente kombiniert mit der Abdeckung zusätzlicher Risiken wie Tod oder Invalidität (z.B. gemischte Versicherung mit doppeltem Todesfallkapital bei Unfalltod).
Rückkaufsfähig sind nur Versicherungen, die mit einem Sparvorgang verbunden, also kapitalbildend sind, nicht jedoch die reinen Risikoversicherungen. Mit dem Rückkaufsrecht kann der Versicherte den Versicherungsvertrag einseitig aufheben und das Deckungskapital in der Höhe des Rückkaufswertes geltend machen. Vorausgesetzt ist, dass der Eintritt des versicherten Ereignisses gewiss und – bei Versicherungen mit periodischer Prämie – diese während mindestens drei Jahren bezahlt worden ist (Art. 90 VVG).
Sowohl Kapitalversicherungen als auch Rentenversicherungen können rückkaufsfähig sein. Versicherungen mit aufgeschobener Rente können schon vor Beginn des Rentenlaufs zurückgekauft werden, aber ebenso wenn die Rente bereits läuft. Stirbt die versicherte Person einer Leibrente, bevor die Renten die einbezahlten Prämien (Kapital plus Zinsen und Überschüsse, abzüglich Risikoprämie und Kosten) verbraucht haben, erhalten die Begünstigten die überschüssige Prämie zurück (Prämienrückgewähr). Reine Risikoversicherungen sind folglich nie rückkaufsfähig. Die Steuerfolgen von rückkaufsfähigen Versicherungen unterscheiden sich häufig von jenen, die nicht zurückgekauft werden können.
Rückkaufsfähig sind:
- Lebenslängliche Todesfallversicherung
- Erlebensfallversicherung mit Rückgewähr
- Gemischte Versicherung
- Terme-fixe-Versicherung
- Leibrentenversicherung mit Rückgewähr
Nicht rückkaufsfähig sind:
- Temporäre Todesfallversicherung
- Erlebensfallversicherung ohne Rückgewähr
- Leibrentenversicherung ohne Rückgewähr
- Invaliditäts- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung
Die Steuerbehörden stellen für die steuerliche Beurteilung nicht allein auf die zivilrechtliche Qualifikation des VVG ab. Kapitalversicherungen, die von der Versicherungsaufsichtsbehörde als "rückkaufsfähige Lebensversicherung" zugelassen sind, erfüllen nicht automatisch die Voraussetzungen für eine steuerliche Privilegierung (KS ESTV 1995/96 Nr. 24, S. 2). Die ESTV hat darum zusammen mit der Versicherungswirtschaft ein Prüfverfahren zur Abgrenzung von Anlageprodukten entwickelt. Die Gesellschaften können insbesondere nicht klassische Produkte (z.B. index- und fondsgebundene Versicherungen, vgl. Ziff. 3.1.3) zur Beurteilung einreichen (Rundschreiben ESTV vom 1. Oktober 2013). Geprüfte Produkte werden in der von der ESTV jährlich als Rundschreiben herausgegebenen „Liste: Rückkaufsfähige Kapitalversicherungen“ publiziert.
1.2.5 Geschäftliche und private Versicherung
Die Lebensversicherung im Sinne des Versicherungsvertragsrecht ist in aller Regel dem privaten Bereich zuzuordnen. Entsprechend gehört der Prämienaufwand zur privaten Lebenshaltung. Die Ausführungen in den nachfolgenden Ziffern beziehen sich ausschliesslich auf private Lebensversicherungen. Als geschäftlich gelten jedoch Lebensversicherungen insbesondere, wenn
- der Inhaber einer Einzelunternehmung eine Todesfallrisikoversicherung zur Sicherung von Geschäftskrediten abschliesst und verpfändet oder zediert,
- eine Personengesellschaft sich als Versicherungsnehmerin und unwiderruflich Begünstigte gegen das finanzielle Risiko des Ausscheidens eines Teilhabers infolge Todes absichert,
- eine Aktiengesellschaft als Versicherungsnehmerin und unwiderruflich Begünstigte eine Versicherung auf das Leben des Hauptaktionärs abschliesst,
- ein Unternehmen als Versicherungsnehmer und unwiderruflich Begünstigtes eine Versicherung auf das Leben einer Schlüsselperson („Key-man“; Kaderpersonal, Mitarbeiter mit speziellem Fachwissen und generell Angestellte, die schwer zu ersetzen sind) abschliesst.
In diesen Fällen stellen die Risikoprämien geschäftsmässig begründeten Aufwand (§ 15 Abs. 1 VV StG), die Versicherungsleistungen Geschäftsertrag dar. Bei gemischten Versicherungen enthält die Prämie einen Sparteil, der in dem Umfang laufend zu aktivieren ist, als der Rückkaufswert der Versicherung zunimmt. Ausführlich zu diesen Fragen: LANG/MAUTE, Die geschäftliche Einzellebensversicherung der Säule 3b, Steuer Revue 2003, S. 330 ff.
Übernimmt ein Unternehmen in andern Fällen Lebensversicherungsprämien des Firmeninhabers, Personengesellschafters, Hauptaktionärs oder von andern nahestehenden Personen, sind diese als geschäftsmässig nicht begründeter Aufwand aufzurechnen. Bei der AG gilt der Prämienaufwand zusätzlich als geldwerte Leistung, die beim Aktionär als Beteiligungsertrag zu besteuern ist. Konsequenterweise sind auch die Versicherungsleistungen als private und nicht als geschäftliche Einkünfte zu betrachten (LANG/MAUTE, a.a.O. S. 341 ff., und ausführlich: SCHWEIZERISCHE STEUERKONFERENZ, Vorsorge und Steuern, Anwendungsfälle zur beruflichen Vorsorge und Selbstvorsorge, Register 7/4).
Schliesst ein Arbeitgeber als Versicherungsnehmer eine Lebensversicherung mit dem Arbeitnehmer oder dessen Angehörigen als Begünstigten ab, so stellt die Prämie Lohnbestandteil dar. Sie gilt demnach beim Arbeitgeber als geschäftsmässig begründeter Aufwand, beim Arbeitnehmer als steuerbare Einkunft. Die Versicherungsleistung ist beim Begünstigten als Leistung aus privater Versicherung zu beurteilen.
2 Form der Besteuerung
Wie erwähnt, können Versicherungen, namentlich private Lebensversicherungen und teilweise auch Sozialversicherungen, ihre Leistungen als Rente oder als einmalige Kapital-
zahlung ausrichten. Soweit die Leistungen steuerbar sind, erfolgt die Besteuerung entsprechend unterschiedlich. Renten werden – unter verschiedenen Titeln – zusammen mit dem übrigen Einkommen zum ordentlichen Steuersatz besteuert. Demgegenüber werden einmalige Kapitalzahlungen, die bei Tod oder für bleibende körperliche oder gesundheitliche Nachteile ausbezahlt werden, von den übrigen Einkünften ausgeschieden und gesondert und zu einem reduzierten Tarif besteuert (§ 47 StG; Art. 38 DBG; ausführlich dazu: StB SO § 47 Nr. 1). Gewisse Kapitalleistungen von Lebensversicherungen gelten – soweit sie steuerbar sind – als Ertrag aus beweglichem Vermögen (siehe StB SO § 26 Nr. 1).
In den nachfolgenden Abschnitten wird ausgeführt, ob und wie einzelne Leistungen von Versicherungen steuerbar sind, die sie im Zusammenhang mit Alter, Tod, Unfall und Invalidität ausrichten. Soweit spezielle Bestimmungen zur Anwendung gelangen, wird auf die dortigen Ausführungen im Steuerbuch verwiesen.
3 Besteuerung der Leistungen
Nachstehend wird die Besteuerung der Leistungen von privaten Lebensversicherungen der freien Vorsorge (Säule 3b) behandelt. Gleichartige Lebensversicherungen können auch im Rahmen der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) abgeschlossen werden. Deren Leistungen unterliegen gemäss § 30 Abs. 1 und 3 StG und Art. 22 Abs. 1 und 2 DBG der Einkommens-
steuer. Werden sie als einmalige Kapitalleistung ausbezahlt, erfolgt die Besteuerung gesondert vom übrigen Einkommen und zum gemilderten Tarif (§ 47 StG und Art. 38 DBG). Ausführlich dazu: StB SO § 30 Nr. 2 und § 47 Nr. 1.
Leistungen von Lebensversicherungen mit geschäftlichem Charakter (Ziff. 1.2.5.) stellen bei Personenunternehmen Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit gemäss § 23 StG und Art. 18 DBG dar. Ist eine Kapitalgesellschaft Versicherungsnehmerin, sind die Leistungen, wenn Beteiligte begünstigt sind, als geldwerte Leistungen im Sinne von § 26 Abs. 1 lit. b StG und Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG zu qualifizieren, Leistungen zu Gunsten von Mitarbeitenden als Erwerbseinkommen gemäss § 22 StG und Art. 17 DBG.
3.1 Leistungen von Kapitalversicherungen
3.1.1 Nicht rückkaufsfähige Kapitalversicherungen
Häufigster Anwendungsfall sind Kapitalleistungen aus temporärer Todesfallversicherung, oft kurz Todesfallrisikoversicherung genannt. Bei einer Versicherung mit konstantem Kapital bleibt die Versicherungssumme über die ganze Laufzeit gleich, mit abnehmendem Kapital vermindert sie sich jährlich um einen gleichbleibenden Betrag und mit einjährigem Kapital kann sie jährlich angepasst werden. Das im Todesfall ausgerichtete Kapital ist gemäss § 31 lit. b StG und Art. 23 lit. b DBG als Einkommen steuerbar, wird aber aufgrund von § 47 StG und Art. 38 DBG getrennt vom übrigen Einkommen besteuert (siehe StB SO § 47 Nr. 1). Gleich besteuert wird auch das Invaliditätskapital, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Leistung aufgrund der Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder aufgrund einer sogenannten Gliederskala bemessen wird. Die Prämienbefreiung bei Invalidität ist mangels Zuflusses eines Einkommens steuerfrei.
Das Kapital aus einer reinen Erlebensfallversicherung ohne Rückgewähr ist aufgrund der Einkommensgeneralklausel steuerbares Einkommen (§ 21 Abs. 1 StG und Art. 16 Abs. 1 DBG). Es handelt sich weder um eine Kapitalabfindung für wiederkehrende Leistungen (§ 46 StG und Art. 37 DBG) noch um eine Kapitalzahlung bei Tod oder für bleibende körperliche oder gesundheitliche Nachteile (§ 47 Abs. 1 StG und Art. 38 Abs. 1 DBG). Deshalb erfolgt die Besteuerung zusammen mit dem übrigen Einkommen zum ordentlichen Steuersatz.
Die Überschussbeteiligung, die mit den laufenden Prämien verrechnet wird, ist steuerfrei. Allenfalls vermindert sich der Abzug für Versicherungsprämien, sofern dieser nicht durch Prämien anderer Lebens-, Kranken- oder Unfallversicherungen ausgeschöpft wird. Wird die Überschussbeteiligung zusammen mit der Versicherungsleistung ausbezahlt, ist sie als Teil der Versicherungsleistung mit ihr zu versteuern (BGE 130 I 205 Erw. 7.6.6). Erfolgt eine separate Auszahlung am Ende der Versicherungsdauer, weil sonst keine Versicherungsleistung fällig wird, ist sie aufgrund der Generalklausel ordentlich als Einkommen zu versteuern (§ 21 Abs. 1 StG und Art. 16 Abs. 1 DBG).
3.1.2 Rückkaufsfähige Kapitalversicherungen
Die nach wie vor am weitesten verbreitete Lebensversicherung ist die sogenannte gemischte Versicherung, bei der die Versicherung sowohl eine Leistung erbringt, wenn die versicherte Person das Ende der Vertragsdauer erlebt, als auch dann, wenn sie vorher verstirbt. Im Todesfall ist das ausgerichtete Kapital von der Einkommenssteuer immer befreit (§ 32 lit. b StG und Art. 24 lit. b DBG), ungeachtet ob die Versicherung mit periodischen Prämien oder mit Einmalprämie finanziert wurde. Im Erlebensfall und beim Rückkauf ist die Kapitalauszahlung steuerfrei, wenn die Finanzierung mit periodischen Prämien erfolgte. Mit Einmalprämie finanzierte rückkaufsfähige Kapitalversicherungen sind im Erlebensfall und beim Rückkauf nur steuerfrei, wenn sie der Vorsorge dienen. Das trifft zu, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (§ 26 Abs. 1 lit. a StG und Art. 20 Abs. 1 lit. a DBG):
- die Auszahlung der Versicherungsleistung erfolgt nach dem vollendeten 60. Altersjahr des Versicherten,
- das Vertragsverhältnis hat mindestens fünf Jahre gedauert und
- ist vor Vollendung des 66. Altersjahres begründet worden.
Andernfalls ist die Differenz zwischen Kapital und Einmalprämie als Ertrag aus beweglichem Vermögen zu versteuern (ausführlicher, insbesondere auch zum Übergangsrecht, siehe StB SO § 26 Nr. 1).
Bei der gemischten Versicherung wird oft ein zusätzliches Todesfallkapital versichert; beispielsweise wird bei Unfalltod ein doppeltes Todesfallkapital ausgerichtet oder die Versicherungssumme ist im Todesfall generell höher als im Erlebensfall. Im Grunde genommen handelt es sich bei der Versicherung des zusätzlichen Todesfallkapitals um eine nicht rückkaufsfähige Todesfallrisikoversicherung. Dennoch bleibt das Todesfallkapital steuerfrei (BGE 130 I 205 Erw. 7.6.5 und 10.3). Vorbehalten bleibt die Besteuerung im Falle einer Steuerumgehung, wenn das Erlebensfallkapital bloss einen Bruchteil (1/5 oder weniger) des Todesfallkapitals beträgt. Dann ist dieses gemäss Ziffer 3.1.1 zu versteuern.
Bei der Erlebensfallversicherung mit Rückgewähr zahlt der Versicherer im Todesfall die Prämien mit Überschussbeteiligung zurück, im Erlebensfall richtet er die Versicherungssumme aus. Die Versicherung dient nicht der Vorsorge, da der Versicherer kein Risiko abdeckt (Urteil BGer vom 18. Mai 1993 in ASA 62, 705 ff.). Die Differenz zwischen dem ausbezahlten Kapital und der Summe der Prämien (bzw. der Einmalprämie) stellt steuerbaren Vermögensertrag dar (§ 26 Abs. 1 lit. a StG und Art. 20 Abs. 1 lit. a DBG). Die Leistung ist jedoch steuerfrei, wenn bei periodischer Prämienzahlung die Prämienbefreiung für den Fall der Erwerbsunfähigkeit mitversichert war (§ 32 lit. b StG und Art. 24 lit. b DBG).
Das beim Tod ausbezahlte Kapital von lebenslänglichen Todesfallversicherungen ist steuerfrei (§ 32 lit. b StG und Art. 24 lit. b DBG), ebenso beim Rückkauf. Wenn sie mit Einmalprämie finanziert war, gelten allerdings die gleichen Voraussetzungen wie bei den gemischten Versicherungen.
Die Überschussbeteiligung, die mit der Versicherungsleistung ausbezahlt wird oder zur Erhöhung der Versicherungssumme dient, wird steuerlich gleich behandelt wie die Versicherungsleistung. Wenn sie mit den laufenden Prämien verrechnet wird, ist sie steuerfrei.
3.1.3 Besonderheiten
Die gemischte Lebensversicherung wird häufig als index- oder fondsgebundene Kapitalversicherung angeboten. Sie ist grundsätzlich steuerlich als gemischte Versicherung zu behandeln. Wird sie jedoch mit Einmalprämie finanziert, muss sie höhere Anforderungen erfüllen, damit sie als der Vorsorge dienend anerkannt wird. Näheres dazu in StB SO § 26 Nr. 1.
Auch in der Schweiz besteht in einem gewissen Umfang ein Markt für sogenannte Secondhand-Policen. Dabei handelt es sich um Lebensversicherungspolicen britischer oder amerikanischer Versicherungsnehmer, die diese aber nicht mehr benötigen. In aller Regel geht es um eine Kapitalanlage und nicht um die Absicherung eines Risikos. Deshalb sind die Leistungen der Versicherer nach Abzug der für die Police getätigten Aufwendungen als steuerbarer Vermögensertrag zu qualifizieren.
Näheres dazu in StB SO § 26 Nr.1.
Soweit Kapitalleistungen aus Versicherungen, die zufolge Todes fällig werden, nicht als Einkommen steuerbar sind, unterliegen sie der Nachlasstaxe (§ 217 Abs. 2 StG). Versicherungsansprüche, die zufolge Todes übergehen, sind, soweit sie nicht als Einkommen steuerbar sind, ausserdem Gegenstand der Erbschaftssteuer (§ 223 Abs. 2 StG). Als Schenkung steuerbar ist schliesslich die Zuwendung von Versicherungsansprüchen zu Lebzeiten (§ 233 Abs. 2 StG). Ausführlicher dazu: Die Praxis der Erbschafts- und Schenkungssteuern.
3.2 Leistungen von Rentenversicherungen
3.2.1 Renten aus nicht rückkaufsfähigen Rentenversicherungen
Nicht rückkaufsfähig sind Rentenversicherungen ohne Prämienrückgewähr. Es handelt sich damit um reine Risikoversicherungen. Dazu gehören hauptsächlich die Invaliden- oder Erwerbsunfähigkeitsrente und die Todesfallrente, auch Hinterlassenen- oder Überlebensrente genannt. Letztere ist eine Todesfallrisikoversicherung, mit der die begünstigte Person ihren Lebensunterhalt (bis zu ihrem Tod) bestreiten kann. Die Rente tritt an die Stelle des Einkommens der versicherten Person, die bisher für ihren Unterhalt aufgekommen ist. Die Todesfallrente kann auch zeitlich befristet sein. In diesem Fall dient sie dazu, regelmässig wiederkehrende Ausgaben (z.B. Ausbildung der Kinder) während einer gewissen Zeit abzusichern.
Diese Renten sind als wiederkehrende Zahlungen bei Tod sowie für bleibende körperliche oder gesundheitliche Nachteile zusammen mit dem übrigen Einkommen steuerbar (§ 31 lit. b StG und Art. 23 lit. b DBG). Die begünstigte Person kann bei der zeitlich befristeten Todesfallrente, sofern der Versicherungsnehmer nichts Anderes verfügt hat, nach Eintritt des versicherten Ereignisses (Ableben des Versicherten) die künftigen Renten auch diskontiert als Kapital beziehen. In diesem Fall ist das Kapital zusammen mit dem übrigen Einkommen steuerbar, wobei es für die Bestimmung des Steuersatzes in eine Jahresrente umzurechnen ist (§ 46 StG und Art. 37 DBG; vgl. StB SO § 46 Nr. 1).
Leibrenten sind gemäss § 29 Abs. 2 StG und Art. 22 Abs. 3 DBG zu 40% als Einkommen steuerbar (siehe dazu: StB SO § 29 Nr. 2).
Eine allfällige Überschussbeteiligung, die zur Erhöhung der Rente führt, wird steuerlich gleich behandelt wie die Rente (BGE 130 I 205 Erw. 7.6.6). Wird sie mit den Prämien verrechnet, ist sie steuerfrei, vermindert allenfalls aber den Abzug für Versicherungsprämien.
3.2.2 Renten von rückkaufsfähigen Rentenversicherungen
Bei den Renten von rückkaufsfähigen Rentenversicherungen handelt es sich in aller Regel um Leibrenten mit Prämienrückgewähr in unterschiedlicher Ausgestaltung. Sie sind gemäss § 29 Abs. 2 StG und Art. 22 Abs. 3 DBG zu 40% als Einkommen steuerbar (siehe dazu: StB SO § 29 Nr. 2).
3.2.3 Rückkauf und Prämienrückgewähr von rückkaufsfähigen Rentenversicherungen
Rückkaufsfähige Leibrentenversicherungen können sowohl während der Aufschubzeit als auch bei bereits laufender Rente zurückgekauft werden. Diese Kapitalleistungen bei Rückkauf sowie die Rückgewähr im Todesfall sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung differenziert zu besteuern. Siehe dazu die Ausführungen in StB SO § 29 Nr. 2.
3.2.4 Zeitrenten
Als Zeitrente werden periodisch wiederkehrende, zeitlich beschränkte und nicht auf das Leben einer Person abstellende Leistungen bezeichnet. Mit ihnen wird ein Kapital mit Zinsen innert einem bestimmten Zeitraum periodisch und in gleich bleibenden Raten (Annuitäten) zurückbezahlt, unabhängig vom Überleben oder vom Tod der berechtigten Person. Die Zeitrente gilt deshalb nicht als Rente im Sinn von § 29 StG und Art. 22 Abs. 3 DBG. Begrifflich handelt sich auch nicht um ein Versicherungs-, sondern um ein Finanzierungsgeschäft, weshalb nur der Ertragsanteil besteuert wird. Näheres dazu in StB SO § 29 Nr. 2.
Einzelne Versicherungen bieten Produkte an, die sie zum Teil als Kombination von Zeitrente und anschliessender Leibrente darstellen. Das Produkt, auch garantierte Rente genannt, ist als Ganzes als Leibrente zu qualifizieren und als solche zu besteuern (ausführlicher: StB SO § 29 Nr. 2).
4 Direkte Bundessteuer
Die Regelung bei der direkten Bundessteuer ist grundsätzlich identisch. In den vorstehenden Ausführungen wird auf die entsprechenden Bestimmungen des DBG verwiesen.
5 Rententabelle
Mit dieser Tabelle, herausgegeben von der Eidgenössischen Steuerverwaltung, können einerseits Kapitalleistungen in lebenslängliche Renten (Leib- oder Lebensrenten genannt) umgerechnet werden. Umgekehrt dienen sie auch dazu, den Barwert einer lebenslänglichen, jährlich wiederkehrenden Leistung (Leibrente, Nutzniessung, Wohnrecht) zu berechnen