Kinderabzug

Gesetzliche Grundlagen
§ 43 StG
§ 23 VV StG
Art. 35 DBG

Weitere Grundlagen
Kreisschreiben Nr. 30 vom 21. Dezember 2010 der Eidgenössischen Steuerverwaltung Ehepaar- und Familienbesteuerung nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG)

Inhalt
1         Voraussetzungen   
1.1      Minderjähriges oder in beruflicher Ausbildung stehendes Kind   
1.1.1    Minderjähriges Kind   
1.1.2    Berufliche Ausbildung   
1.2      Sozialabzug / Stichtagsprinzip   
1.3.     Ausnahme vom Stichtagsprinzip: Aufteilung pro rata temporis im Jahr der
           Volljährigkeit
2         Fallkonstellationen   
3         Direkte Bundessteuer

1   Voraussetzungen

Voraussetzung für die Geltendmachung des Kinderabzuges ist, dass die steuerpflichtige Person für den Unterhalt des minderjährigen oder in beruflicher Ausbildung stehenden Kindes aufkommt. Dies ist dann nicht gegeben, wenn das steuerbare Einkommen des Kindes gemäss Ziff. 690 seiner Steuererklärung CHF 11'000 übersteigt (§ 23 Abs. 2 VV StG). Unabhängig von der Höhe des Einkommens wird bei volljährigen Kindern der Kinderabzug ebenfalls nicht gewährt, wenn das Vermögen gemäss Ziff. 900 (Reinvermögen) der Steuer-erklärung über CHF 100'000 liegt (bei Verheirateten über CHF 150'000). Nicht von Bedeutung ist, wenn das Kind am Stichtag kein oder nur ein beschränktes Einkommen erzielt. Massgebend ist das Jahreseinkommen (Urteil KSG SGSTA.2010.2 vom 26. April 2010). Da es sich beim Kinderabzug um einen Sozialabzug handelt (siehe hierzu Ziff. 1.2), muss das Kind am Stichtag (31. Dezember) minderjährig oder in beruflicher Ausbildung sein.

 

1.1    Minderjähriges oder in beruflicher Ausbildung stehendes Kind

 

1.1.1    Minderjähriges Kind

Als Kind im Sinne dieser Bestimmung gelten leibliche Kinder, Adoptiv- und Stiefkinder sowie Pflegekinder, die unentgeltlich zu dauernder Pflege und Erziehung aufgenommen werden. Von einem Pflegekind kann nur dann gesprochen werden, wenn es der elterlichen Obhut entzogen und in angemessener Weise andernorts behördlicherseits untergebracht ist. Kein Kinderabzug kann für einen Austauschschüler geltend gemacht werden.
Ein Kind ist minderjährig, wenn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Art. 14 ZGB).

 

1.1.2    Berufliche Ausbildung

Der Kinderabzug ist nicht auf minderjährige Kinder beschränkt. Auch für ein volljähriges Kind kann ein Sozialabzug beansprucht werden, falls es noch in der schulischen oder beruflichen Ausbildung steht.

Zu der schulischen Ausbildung der Sekundarstufe II gehören die allgemeinbildenden Ausbildungslehrgänge wie gymnasiale Maturitätsschulen und Fachmittelschulen. Als berufliche Ausbildung gelten die berufsbildenden Ausbildungsgänge der Sekundarstufe II, die mehrheitlich in Lehrbetrieben mit ergänzendem schulischem Unterricht absolviert werden aber auch in schulischen Vollzeitangeboten stattfinden. Die Tertiärstufe umfasst die höheren Fachschulen, die Fachhochschulen, die pädagogischen Hochschulen sowie die Universitäten und Technischen Hochschulen.

Eine vorübergehende Unterbrechung in der Ausbildung aus objektiven Gründen (Krankheit, Militär-, Zivil- oder Zivilschutzdienst, Lehrstellensuche, Prüfungsvorbereitung etc.) lässt die Ausbildungsphase nicht abreissen. Vorausgesetzt wird, dass nach dem Unterbruch die Ausbildung fortgesetzt wird. Das ist z.B. der Fall, wenn nach der Matura die Zeit bis zum Studienbeginn an einer Universität überbrückt wird. Dabei kann das Kind temporär auch einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Keine solchen objektiven Unterbrechungsgründe liegen vor, wenn der Unterbruch der Ausbildung für Tätigkeiten genutzt wird, welche nicht Voraussetzung oder notwendige Ergänzung der eigentlichen Ausbildung darstellen. Fällt ein solcher Unterbruch auf einen Stichtag, so wird kein Kinderabzug gewährt.

Ausnahmsweise kann der Kinderabzug auch bei einer Zweitausbildung geltend gemacht werden, nämlich dann, wenn sie die Grundausbildung zwingend oder alternativ voraussetzt oder diese erweitert bzw. vertieft (Urteil KSG SGSTA.2013.101 vom 10. März 2014). Die Zweitausbildung muss nahtlos der Erstausbildung folgen.

 

1.2    Sozialabzug / Stichtagsprinzip

Beim Kinderabzug handelt sich um einen Sozialabzug. Bei den Sozialabzügen gilt das Stichtagsprinzip. Massgebend sind die Verhältnisse am Ende der Steuerperiode. Fallen die Voraussetzungen für einen Sozialabzug erst kurz vor dem Stichtag dahin, kann der Abzug nicht geltend gemacht werden. Umgekehrt wird der Abzug auch dann gewährt (und zwar im vollen Umfang), wenn die entsprechenden Voraussetzungen erst kurz vor dem Stichtag eintreten (RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, Art. 35 N 81 f.).

 

1.3.    Ausnahme vom Stichtagsprinzip:
          Aufteilung pro rata temporis im Jahr der Volljährigkeit

Werden bei getrennt besteuerten Eltern für unmündige Kinder Unterhaltsbeiträge bezahlt, kann der Unterhaltsverpflichtende diese von der Steuer abziehen, während der Unterhaltsempfänger sie als Einkommen versteuern muss. Der Kinderabzug steht diesfalls dem Elternteil zu, der die Unterhaltsbeiträge für das Kind zu versteuern hat. Ist das Kind volljährig, steht der Kinderabzug demjenigen Elternteil zu, der überwiegend für den Unterhalt des Kindes aufkommt. In Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGer 2C_905/2017 vom 11. März 2019) ist diesem Systemwechsel im Jahr der Volljährigkeit des Kindes insofern Rechnung zu tragen, als der Kinderabzug pro rata temporis auf die beiden Elternteile zu verteilen ist. Diesbezüglich gilt zu beachten, dass auch nach Eintritt der Mündigkeit der Kinderabzug demjenigen Elternteil zusteht, der für den Unterhalt des Kindes überwiegend aufkommt. Das Steuergericht hat im Urteil vom 25. Mai 2020 (SGSTA.2019.26) seine Rechtsprechung bestätigt, wonach es dabei nicht um die Verhältnisse am Stichtag geht, sondern es muss die ganze Steuerperiode in die Beurteilung einbezogen werden (KSGE 2015 Nr. 7). Demzufolge hat bis zum Tag des Volljährigwerdens des Kindes der alimentenempfangende Elternteil Anspruch auf den Kinderabzug, ab diesem Tag hingegen derjenige Elternteil, der überwiegend für den Unterhalt des Kindes aufkommt. Dies gilt für den Unterhaltsverpflichtenden nur unter der Voraussetzung, dass die während des ganzen Jahres geleisteten Alimente den Betrag von CHF 9’0003 übersteigen.


3 gültig ab der Steuerperiode 2023: 9’000
   gültig bis zur Steuerperiode 2022: 6'000


2    Fallkonstellationen

       

Nicht gemeinsam veranlagte Eltern (getrennt, geschieden, unverheiratet) im Jahr der Volljährigkeit der Kinder

 

 

 

2 Haushalte, getrennt, gemeinsames Kind

Allein

Ja

 

    • Inhaber elterlicher Sorge

 

 

Ja4
    • Leistender Unterhaltszahlungen

 

 

Ja5

2 Haushalte, getrennt, gemeinsames Kind

Allein

Nein

 

    • Inhaber elterlicher Sorge

 

 

Ja

    • Andere Elternteil

 

 

Nein

2 Haushalte, getrennt, gemeinsames Kind

Gemeinsam

Ja

 

    • Empfänger Unterhaltszahlungen

 

 

Ja4

    • Leistender Unterhaltszahlungen

 

 

Ja5

2 Haushalte, getrennt, gemeinsames Kind

Gemeinsam

Nein

 

    • Elternteil

 

 

Ja, ½

    • Andere Elternteil

 

 

Ja, ½

1 Haushalt (Konkubinat), gemeinsames Kind

Allein

Ja

 

    • Inhaber elterlicher Sorge / Empfänger Unterhaltszahlung

 

 

Ja4

    • Andere Elternteil

 

 

Ja5

1 Haushalt (Konkubinat), gemeinsames Kind

Allein

Nein

 

    • Inhaber der elterlichen Sorge

 

 

Ja

    • Andere Elternteil

 

 

Nein

1 Haushalt (Konkubinat), gemeinsames Kind

Gemeinsam

Ja

 

    • Empfänger Unterhaltszahlungen

 

 

Ja4

    • Leistender Unterhaltszahlungen

 

 

Ja5

1 Haushalt (Konkubinat), gemeinsames Kind

Gemeinsam

Nein

 

    • Elternteil

 

 

Ja, ½

    • Andere Elternteil

 

 

Ja, ½

       

Nicht gemeinsam veranlagte Eltern (getrennt, geschieden, unverheiratet) mit volljährigen Kindern

 

 

 

2 Haushalte, getrennt, gemeinsames Kind

 

ja

 

    • Elternteil mit überwiegender Unterhaltsleistungen
      (i.d.R. Elternteil, bei dem das Kind wohnt oder Elternteil, der Unterhaltszahlungen von > CHF 1‘000/Mt. leistet)

 

 

Ja

    • Andere Elternteil

 

 

Nein

2 Haushalte, getrennt, gemeinsames Kind, Wohnsitz des Kindes bei einem Elternteil

 

Nein

 

    • Elternteil bei dem das Kind wohnt

 

 

Ja

    • Andere Elternteil

 

 

Nein

2 Haushalte, getrennt, gemeinsames Kind, Kind hat selbständigen Wohnsitz

 

Ja

 

    • Leistender der Unterhaltszahlungen; leisten beide Eltern Unterhaltszahlungen, i.d.R. der mit höheren Reineinkommen

 

 

Ja

    • Andere Elternteil

 

 

Nein

2 Haushalte, getrennt, gemeinsames Kind, Kind hat selbständigen Wohnsitz

 

Nein

 

    • Elternteil

 

 

Nein

    • Andere Elternteil

 

 

Nein

1 Haushalt (Konkubinat), gemeinsames Kind, Kind wohnt im gemeinsamen Haushalt

 

Ja

 

    • Elternteil mit dem höheren Unterhaltsbeitrag (i.d.R. der mit dem höheren Reineinkommen)

 

 

Ja

    • Andere Elternteil

 

 

Nein

1 Haushalt (Konkubinat), gemeinsames Kind, Kind wohnt im gemeinsamen Haushalt

 

Nein

 

    • Elternteil mit dem höheren Unterhaltsbeitrag in natura (i.d.R. der mit dem höheren Reineinkommen)

 

 

Ja

    • Andere Elternteil

 

 

Nein

1 Haushalt (Konkubinat), gemeinsames Kind, Kind hat selbständigen Wohnsitz

 

Ja

 

    • Elternteil der überwiegend für den Unterhalt des Kindes aufkommt

 

 

Ja

    • Andere Elternteil

 

 

Nein

1 Haushalt (Konkubinat), gemeinsames Kind, Kind hat selbständigen Wohnsitz

 

Nein

 

    • Elternteil der überwiegend für den Unterhalt des Kindes aufkommt

 

 

Nein

    • Andere Elternteil

 

 

Nein


4    Bis zum Zeitpunkt der Mündigkeit steht der Kinderabzug pro rata temporis dem Empfänger der Unterhaltsbeiträge zu. Ab dem Zeitpunkt der Volljährigkeit steht der Kinderabzug pro rata temporis demjenigen zu, der für den Unterhalt des Kindes über-wiegend aufkommt, sofern die während des ganzen Jahres geleisteten Unterhaltsbeiträge den Betrag von CHF 9'000 (bis zu Steuerperiode 2022: 6'000) übersteigen.

5     Ab dem Zeitpunkt der Volljährigkeit steht der Kinderabzug pro rata temporis demjenigen zu, der für den Unterhalt des Kindes überwiegend aufkommt, sofern die während des ganzen Jahres geleisteten Unterhaltsbeiträge den Betrag von CHF 9'000 (bis zu Steuerperiode 2022: 6'000) übersteigen.

 

3   Direkte Bundessteuern
 

Die Regelung bei der direkten Bundessteuer unterscheidet sich in den nachfolgenden Fallkonstellationen:
 

 

Elterliche Sorge

Unterhaltszahlungen

Kinderabzug

Nicht gemeinsam veranlagte Eltern (getrennt, geschieden, unverheiratet) mit volljährigen Kindern

 

 

 

2 Haushalte, getrennt, gemeinsames Kind, Wohnsitz des Kindes bei einem Elternteil

 

Ja

 

    • Leistender der Unterhaltszahlungen; leisten beide Eltern Unterhaltszahlungen, i.d.R. der mit dem höheren Reineinkommen

 

 

Ja

    • Andere Elternteil

 

 

Nein

 

 

 

 

Nicht gemeinsam veranlagte Eltern (getrennt, geschieden, unverheiratet) im Jahr der Volljährigkeit der Kinder

 

 

 

2 Haushalte, getrennt, gemeinsames Kind

Allein

Ja

Ja6

    • Inhaber elterlicher Sorge

 

 

 
    • Leistender Unterhaltszahlungen

 

 

Ja7

2 Haushalte, getrennt, gemeinsames Kind

Gemeinsam

Ja

 

    • Empfänger Unterhaltszahlungen

 

 

Ja6

    • Leistender Unterhaltszahlungen

 

 

Ja7

1 Haushalt (Konkubinat), gemeinsames Kind

Allein

Ja

 

    • Inhaber elterlicher Sorge / Empfänger Unterhaltszahlung

 

 

Ja6

    • Andere Elternteil

 

 

Ja7

1 Haushalt (Konkubinat), gemeinsames Kind

Gemeinsam

Ja

 

    • Empfänger Unterhaltszahlungen

 

 

Ja6

    • Leistender Unterhaltszahlungen

 

 

Ja7


Bis zum Zeitpunkt der Mündigkeit steht der Kinderabzug pro rata temporis dem Empfänger der Unterhaltsbeiträge zu.

7 Ab dem Zeitpunkt der Volljährigkeit steht der Kinderabzug pro rata temporis dem alimen-tenleistenden Elternteil zu, sofern die während des ganzen Jahres geleisteten Unterhalts-beiträge den maximalen Höchstbetrag übersteigen


Im Jahr der Volljährigkeit des Kindes kommt es während der Steuerperiode zu einem System-wechsel: Während der Leistende die für das Kind gezahlten Unterhaltsbeiträge bis zu dessen Volljährigkeit von seinem Einkommen abziehen kann und der andere Elternteil sich die Beiträge als Einkommen anrechnen lassen muss, werden die Unterhaltsbeiträge nach Erreichen der Volljährigkeit des Kindes einkommenssteuerlich beim Alimentenleistenden erfasst. Steuersystematisch betrachtet kommt damit bis zum Volljährigwerden des Kindes der unterhaltsberechtigte Elternteil für den Unterhalt des Kindes auf, nach dem Volljährigwerden des Kindes hingegen der unterhaltsleistende Elternteil. Das Bundesgericht hat nun mit Urteil vom 11. März 2019 (2C_905/2017) entschieden, dass dieser Systemwechsel es rechtfertigt, den Kinderabzug im Jahr der Volljährigkeit des Kindes getrennt besteuerter Eltern pro rata temporis auf die beiden Elternteile zu verteilen. Demzufolge hat bis zum Tag des Volljährig-werdens des Kindes der alimentenempfangende Elternteil Anspruch auf den Kinderabzug, ab diesem Tag hingegen der alimentenleistende Elternteil. Dies gilt nur unter der Voraus-setzung, dass die während des ganzen Jahres geleisteten Alimente den maximalen Höchst-betrag übersteigen.
 

Auch bei der direkten Bundessteuer ist für die Geltendmachung des Kinderabzuges Voraus-setzung, dass die steuerpflichtige Person für den Unterhalt des minderjährigen oder in beruf-licher Ausbildung stehenden Kindes aufkommt. Dies ist dann nicht gegeben, wenn das steuerbare Einkommen des Kindes CHF 11'000 übersteigt. Für die Bundessteuer gilt die gleiche Einkommensgrenze wie bei der Staatssteuer. Die Schweizerische Eidgenossenschaft hat auf eine Festlegung eines Betrages verzichtet, da die Lebenshaltungskosten in der Schweiz nicht überall gleich hoch sind.